Der Islam, Religion des Bilderverbots?

Von Riem Spielhaus
 

Der Umgang mit bildlichen Darstellungen von Menschen und Tieren wird seit wird seit Beginn des Islams diskutiert. Da es unterschiedliche Meinungen dazu gab, wurde der Umgang mit Bildern in der Vergangenheit im Detail unterschiedlich gehandhabt. Bevor der Islam auf der arabischen Halbinsel Fuß fasste, beteten die dort lebenden Menschen mehrere Götter an und verehrten sie in menschenähnlichen Statuen und „aufgerichteten Steinen“ [nasb, Pl. ansab]. Der Islam vertrat die im Judentum und Christentum ebenfalls vorhandene Vorstellung von dem einen und alleinigen Gott, der alles Leben geschaffen hat. Im Koran steht dazu: „Ihr Gläubigen! Wein, das Losspiel, Opfersteine [ansab] und Lospfeile sind (ein wahrer) Greuel und des Satans Werk. Meidet es!“ (Sure 5,90). Daraus wird abgeleitet, dass die Anbetung von Göttern in Statuen und Abbildungen des einen Gottes überhaupt verboten sind. Von ihm könne und solle man sich kein Bild machen, da er unvorstellbar und allem was Menschen kennen unvergleichbar sei.

In einigen Koranversen wird Gott außerdem als der größte Bildner und Schöpfer dargestellt. Auch in den Überlieferungen der Worte und Taten des Propheten Muhammad, den Ahadith (Einzahl: Hadith), werden Bilder als problematisch gesehen, weil der Bilder schaffende Mensch sich zum Schöpfer macht, und sich damit auf die gleiche Ebene mit Gott setzt. Es wird erzählt, der Prophet sei bei Anblick von Vorhängen mit figürlichen Darstellungen zornig geworden. Seine Frau hätte daraus Kissen gemacht, auf die sich Muhammad widerstandslos setzte. Eine zweite Ausnahme bilden Puppen und Kinderspielzeug, die der Prophet geduldet haben soll. Einige muslimische Gelehrte leiteten aus Koran und Ahadith das Gebot ab, der Mensch solle keine Lebewesen abbilden. Andere entschieden aber, Bilder dürfen gemalt werden, solange sie nicht verehrt werden und kein menschliches oder tierisches Leben nachahmen.

Der Prophet Muhammad verwehrte sich gegen Bilder von ihm und gegen einen Personenkult, wie er aus christlichen Gemeinden der Region in der Anbetung von Jesus Christus und seiner Mutter Maria in Bildern bekannt war. Erst seit dem 13. Jh. entstanden figürliche Darstellungen Muhammads in Persien, Indien und im Osmanischen Reich in kleinen Bildern der Miniaturmalerei. Ab dem 14. Jh. wurden auch Episoden seines Lebens gemalt – nicht jedoch in Werken, die zu religiösen Zwecken gebraucht wurden. Auf vielen dieser Zeichnungen ist das Gesicht des Propheten entweder hinter einem weißen Schleier verborgen oder durch eine Flamme ersetzt.

Zu verschiedenen Zeiten wurde der Umgang mit bildlichen Darstellungen im Islam also unterschiedlich gehandhabt. Heute zeichnen, fotografieren und filmen Muslim*innen ohne darin einen Verstoß gegen Gottes Gebote zu sehen. Angesichts der Vorbehalte gegenüber Bildern entwickelte sich allerdings eine von anderen Religionen stark abweichende islamische Kunst. Während christliche Kirchen im Orient häufig reich mit Bildern von Jesus, Maria und anderen biblischen Figuren ausgestattet sind, findet man in islamischen Gebetshäusern keine Darstellungen von Menschen. Viele Moscheen und Paläste sind mit sich wiederholenden abstrakten Mustern geschmückt, die Ornamente oder Arabesken genannt werden. In kunstvoller Weise wurden außerdem Koranverse an die Wände gebracht. Das spornte islamische Schreiber an, unterschiedliche Schönschriften zu entwickeln. Daraus entwickelte sich die Kunst der Kalligrafie, eine der am meisten geachteten Künste im arabischen Raum. Manchmal scheint es, die Texte entwickeln ein Eigenleben. Sie lassen sich kaum noch lesen und sollen vor allem schön aussehen. Als drittes Element entwickelte sich die Miniaturmalerei, mit der Bücher aber nicht der Koran geschmückt wurden. Der Islam ist also eine Religion ohne Kultbild und Heiligenbilder.
 

Arbeitsauftrag

1. Lies dir den Text durch.

2. Erstelle ein Schaubild (Material 5), wie in den islamischen Quellen (Koran und Hadith) mit dem Thema „Bilderverbot“ umgegangen wird.

3. Vergleicht eure Ergebnisse im Plenum.

4. Erläutere deine Antwort auf folgende Behauptung: „Im Islam seien alle Bilder verboten.“.