Glossar

Aleviten: (osman.: alevî, „Alî-Verehrer“), früher als Fremdbezeichnung auch „kizilbasch“ (türk. „Rotkopf“) genannt. Die A. leben v. a. in Zentralanatolien (Kayseri, Sivas, Divrii), seit der Landflucht in den 1950er Jahren aber auch in den großen Städten. Sie machen 15–30% der türk. Bevölkerung aus. Ein Drittel ist kurdischsprachig. Die A. sind ursprünglich im 14./15. Jh. in Ostanatolien innerhalb der mystischen Bruderschaft der »afawîya entstanden. Als diese im 16. Jh. zur persischen Dynastie der »afawiden aufstieg, verloren die türk. Anhänger den Kontakt und entwickelten sich zu einer eigenständigen, esoter. und endogamen Glaubensgemeinschaft. Aufgrund schwerer Verfolgungen hielten die A. jahrhundertelang ihre Religion geheim. Sie haben kein einheitliches religiöses Dogma, verehren Alî und lehnen die Fünf Säulen des Islam ab. Das bedeutendste Ritual ist die Versammlung der Gläubigen (türk. âyin-i cem), bei der Frauen teilnehmen und Alkohol getrunken wird. Seit 1950 begann die traditionelle Ordnung der A. zu zerfallen, so daß bis Ende der 1980er Jahre die religiösen und sozialen Strukturen weitgehend verloren waren. Seit den 1990er Jahren ist eine Revitalisierung der alevit. Gemeinschaft festzustellen. Die A. versuchen heute, offiziell vom türk. Staat als soziale, ethnische und religiöse Gruppe anerkannt zu werden. (1) Dissident: jemand, der von einer offiziellen Meinung abweicht; Abweichler; Andersdenkender (2) Imam: Grundbedeutung des arab. Begriffes ist „Führer“ oder „Vorsteher“. Er bezeichnet den Vorbeter beim obligator. Gebet, wird aber auch für Personen gebraucht, die religiöse und polit. Autorität vereinen. In diesem Sinne steht der Begriff bei den Sunniten neben Kalif für das Oberhaupt der islam. Umma. Die Schiiten verwenden ihn für ihre aus der Nachkommenschaft Alîs stammenden „göttlich geleiteten“ Führer. (3) Koran: Gesamtheit der Offenbarungen des Propheten (4) Schiitisch: Die islamische Gemeinschaft ("umma") ist seit 680 in Sunniten und Schiiten gespalten. Grund hierfür ist vor allem ein politischer Streit um die Nachfolge des Propheten Muhammed. Die späteren Schiiten binden die geistliche Nachfolge des Propheten (Imam) an die biologische Nachkommenschaft. Diese religiöse Strömung ist von einem starken Märtyrer- und Passionskult geprägt und stellt viele Gläubige im Irak und Iran. (5) Sunnit: Sunniten stellen die Mehrheit aller Muslime. Im Gegensatz zu den Schiiten befürworten sie die Wählbarkeit der Nachfolge des Propheten (Kalif), solange dieser aus Mo-hammeds Stamm kommt. Der Kalif hat jedoch keine religiöse Lehrautorität. Wörtlich geht der Begriff auf die "Sunna" zurück. (6)

Quelle

(1) Kehl-Bodrogi, K.: Die Kizilbasch/Aleviten. Untersuchungen über eine esoterische Glaubensgemeinschaft in Anatolien, 1988. – Vorhoff, K.: Zwischen Glaube, Nation und neuer Gemeinschaft. Alevitische Identität in der Türkei der Gegenwart, 1995. – Dies.: „Let’s Reclaim our History and Culture!“. Imagining Alevi Community in Contemporary Turkey, in: Die Welt des Islam 38 (1998), 220–252. zitiert nach Elger, Ralf/Friederike Stolleis (Hg.): Kleines Islam-Lexikon. Geschichte - Alltag - Kultur. München: Beck 2001. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2002. (2) http://www.duden.de/rechtschreibung/Dissident (3) Elger, Ralf/Friederike Stolleis (Hg.): Kleines Islam-Lexikon. Geschichte - Alltag - Kultur. München: Beck 2001. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2002. (4) http://www.duden.de/suchen/dudenonline/Koran (5) Halm, Heinz: Der Islam. Geschichte und Gegenwart. München 2000. S. 46f. (6) www.sueddeutsche.de/politik/islam-was-schiiten-und-sunniten-trennt-1.840806