Gruppe A - Moscheengemeinden: Fasten im Winter ist besser

Fasten im Winter ist besser Muslime laden Christen und Juden bei der „Langen Nacht  der Begegnung“ zum gemeinsamen Fastenbrechen ein. Für den zehnjährigen Ali Haydar Mahbubi bleibt der Ramadan dieses Jahres wohl besonders in Erinnerung. Er rezitierte vor mehr als 400 Gäste beim öffentlichen Fastenbrechen auf dem Georgsplatz in Hannover die erste Sure aus dem Koran – und erhielt dafür kräftigen Applaus der vielen muslimischen Familien und auch der christlichen und jüdischen Gäste auf dem Platz. Vielleicht noch mehr wird sich Ali Haydar Mahbubi an ein Gespräch mit dem früheren Bundespräsidenten Christian Wulff erinnern. Wulff nahm sich während des Rundgangs in Begleitung von Friedrich-Wilhelm Busse, dem Geschäftsführer der einladenden Dr. Buhmann-Stiftung Zeit, und der Junge freute sich sichtlich über diese besondere Ehre. Die „Lange Nach der Begegnung“ fand zum zweiten Mal nach 2013 in Hannover statt. Ehrengast Wulff betonte in seiner kurzen Ansprache das Verbindende zwischen den großen Weltreligionen. Der Missbrauch der Religion sei gleichzeitig die „große Katastrophe der Menschheit“. Deutschland sei durch den Zuzug von Menschen aus anderen Ländern vielfältiger geworden. Wesentlich sei es, „wofür wir in Deutschland arbeiten und nicht, woher jemand kommt“. Gleichzeitig bekomme er Briefe von Bürgern, die ihre Sorgen gegenüber „dem“ Islam äußerten. „Es gibt auch im Islam große Unterschiede, so wie bei den Christen auch. Neben allem Verbindenden gibt es auch Herausforderungen. Wir müssen entschlossen gegen die Feinde der Demokratie zusammenstehen und den Feinden unserer Art zu leben entgegentreten. Diese Feinde leben mitten unter uns“, mahnte Wulff. Schließlich gälten alle Gesetze für alle Menschen gleichermaßen. Vor allem den Kindern gegenüber, die das Verhalten Erwachsener sehr genau beobachteten, gelte es, ein Vorbild zu sein und zu vermitteln, dass jeder Mensch seine eigene Würde habe. Dass das Fastenbrechen öffentlich mitten in Hannover stattfinde, sei „großartig“, so Wulff. Seine viel zitierten Worte aus seiner Präsidentschaft, als er in einer Rede beim Tag der Deutschen Einheit 2010 den Islam neben dem Christentum und Judentum als zu Deutschland zugehörig erklärte, griffen verschiedene Redner auf. „Auch als Landeschef hier in Niedersachsen hat er den Stein ins Rollen gebracht und einen Staats- vertrag angeregt. Dies hat auch die unterschiedlichen muslimischen Gruppen näher gebracht. Wir waren gezwungen, uns zusam- menzuraufen“, meinte Emine Oguz, Geschäftsführerin der DITIB in Niedersachen und Bremen, eines Dachverbandes muslimischer Gemeinden. „Es ist etwas in Bewegung gekommen, und das haben wir auch Wulff zu verdanken“, erklärte der hannoversche Oberbürger- meister Stefan Schostok in seinem Grußwort. Auch die Verhandlungen über den Staatsvertrag seien ein wichtiger Beitrag zum Dialog. Die Stadt sei stolz über das „Haus der Religionen“, das auch entsprechend nach allen Kräften gefördert werden müsse. Ingrid Wettberg von der Liberalen Jüdischen Gemeinde hob die Bedeutung des Dialogs zwischen den Religionen hervor. „Im Kleinen müssen wir es vorleben, so wie wir es uns im Großen wünschen. Leider ist der Dialog zwischen den Religionen nicht die Sache der breiten Bevölkerung“, sagte sie. Propst Martin Tenge von der katholischen Kirche dankte, dass „Muslime es zulassen, dass Nichtmuslime beim Fastenbrechen dabei sind“. Weil das Fastenbrechen erst bei Anbruch der Dunkelheit, im Sommer also spät am Abend, möglich ist, warteten alle Gäste auf den festgelegten Zeitpunkt kurz vor 22 Uhr, erklärte Hamza Dehne. Vor allem der erste Schluck Wasser am Tag sei eine Wohltat. „Fasten im Winter ist besser“, meinten denn auch Hatice Karakas und Elfi Subasi im Gespräch. Der Fastenmonat Ramadan wandert jedes Jahr um elf Tage weiter nach vorn im Jahr. Der Monat ist eine Zeit der Einkehr, in der gute Eigenschaften, wie nicht lügen oder lästern, eingeübt werden. „Durch das Fasten werde ich feinfühliger und konzentriere mich. Und wichtig ist die Gemeinschaft untereinander“, sagte Hatice Karakas.

Quelle

Sabine Freitag. "Fasten im Winter ist besser", Evangelische Zeitung Niedersachsen, Ausgabe 29, Veröffentlichungsdatum. Zuletzt geprüft am 30.04.2019, http://www.evangelische-zeitung-niedersachsen.de/ez-online/regio/hannover_2014/hannover_14_29. Der Zeitungsartikel ist aktuell online nicht mehr zugänglich.