José Reis (Gruppe 3)

Wie wurden Sie von dem neuen Arbeitskollektiv aufgenommen?

Von dem Arbeitskollektiv wurden wir gut aufgenommen. Wir bekamen alles gezeigt, was mit unserer Arbeit in Verbindung stand und wir wurden sogar den Küchenfrauen vorgestellt. Wir empfanden das als eine gute Atmosphäre und wir waren zufrieden. […] [W]ir wurden von An­be­ginn an von der Betriebsleitung und den Kollegen unterstützt, was die Arbeit, die Ausbil­dung, Arztbesuche, die Einkaufsmöglichkeiten, also bei allem Notwendigen, was unser täg­liches Leben betraf.“
 

Waren Sie mit den Wohnbedingungen und der Unterbringung im Wohnheim zufrie­den?

„Wir waren mit den Wohnbedingungen nicht nur zufrieden, wir waren sehr zufrieden. Das Wohnheim, in dem wir untergebracht wurden, war für uns vom ‚Feinsten‘ im Verhältnis zu den bestehenden Wohnbedingungen des überwiegenden Teils der Bevölkerung in Mosam­bik. Und bei materiellen Problemen im Wohnbereich wurden wir vom Betrieb sehr engagiert unterstützt.“
 

Welche Möglichkeiten einer kreativen Freizeitgestaltung, z. B. sportliche und geistig-kulturelle Aktivitäten, haben Ihnen der Betrieb und die Institutionen des Territoriums zugänglich gemacht?

„Als Mosambikaner haben wir uns besonders für Fußball interessiert. Uns wurde dazu auch die Möglichkeit geschaffen, den in unmittelbarer Nähe befindlichen Fußballplatz dazu zu nut­zen. Wir spielten hier des Öfteren, nicht nur unter uns, sondern zusammen mit Bürgern des Territoriums bzw. mit unseren Arbeitskollegen. Aber auch Handball wurde von einigen von uns gespielt. Kulturseitig gab es einen regen Austausch zwischen unserer und den deut­schen Kulturen. Wir haben den Deutschen das Trommeln beigebracht und Musik aus Afrika vermittelt. So wie ich mich erinnere, gab es in der Regle einmal pro Woche gemeinsame sport­liche oder kulturelle Aktivitäten.“
 

Gab es Ihnen gegenüber als „Schwarzer“ bestimmte Vorbehalte?

„Die Menschen, mit denen wir anfangs zusammenkamen, guckten natürlich etwas komisch. Für sie war es ja auch nicht ganz normal und zum Teil lustig, Menschen mit anderer Haut­farbe zu sehen, insbesondere, wenn sie unmittelbar mit einem „Schwarzen“ am gleichen Arbeits­platz zusammenarbeiteten. Wir haben aber keine direkten Vorbehalte gespürt und dass uns als ‚Schwarze‘ in allen Belangen unseres Tuns mehr Aufmerksamkeit gewidmet wurde, als den weißen Mitbürgen, war für uns auch verständlich.“
 

Pflegten Sie über den engeren Kreis Ihrer Arbeitskollegen hinaus auch Kontakte mit anderen DDR-Bürgen?

„Ja, wir haben auch Kontakte zu Bürgern des Territoriums gehabt. Das ist anfänglich haupt­sächlich über den Sport, also beim Fußballspielen passiert. Das hat zwar einige Zeit gedau­ert bis solche Kontakte zu Stand kamen, wir sind dann aber gemeinsam am Wochenende mit ihnen zu verschiedenen Veranstaltungen gegangen. Ich möchte sagen, dass wir im Laufe der Zeit sehr gute Kontakte zu den Bürgern im Territorium hatten.“
 

Wurden Sie in der Zeit Ihres DDR-Aufenthaltes irgendwie mit Anzeichen von Fremden­hass und Rassismus konfrontiert?

„Wenn ich diese Frage ins Verhältnis zur heutigen Situation stelle, dann muss ich eindeutig sagen, nein – mit Fremdenhass und Rassismus wurden wir nicht konfrontiert. Natürlich gab es hin und wieder Auseinandersetzungen mit deutschen Jugendlichen, da spielten aber meis­tens der Alkohol oder das Werben um die Mädchen eine große Rolle. Ich hatte den Ein­druck, dass sich die DDR-Regierung sehr mühte, um solche Konfrontationen zu vermeiden.“

Quelle

Auszüge aus einem Interview mit José Reis. „Keine leichten Lebensumstände in der DDR“, in: Ulrich van der Heyden, Wolfgang Semmler und Ralf Straßburg (Hg.), Mosambikanische Vertrags­arbeiter in der DDR-Wirtschaft. Hintergründe – Verlauf – Folgen, Münster: Lit, 2014, 231-236.