Der Historiker Prof. Michał Mencfel über Raczyńskis Ansichten:
„Ausgehend von der Position des Radikalkonservatismus, des Legalismus, des Royalismus und des Loyalismus übt er scharfe und offene Kritik an den seiner Meinung nach unverantwortlichen Unabhängigkeitsbestrebungen. Er ist der Ansicht, dass der bewaffnete Kampf gegen die Teilungsmächte, zumal unvorbereitet, der Nation keinen politischen Nutzen bringt. Außerdem vertrat er die Ansicht, dass jede politische Umwälzung eine soziale Revolution mit sich bringe, ja, dass diese neben der Befriedigung der ungesunden politischen Ambitionen der Rädelsführer der Umwälzung ihr Hauptziel sei; und er war ein Befürworter der Aufrechterhaltung der Ständegesellschaft als der von Gott gegebenen natürlichen Ordnung.
In Athanasius steckt keine Verachtung für das Volk, sondern eine tiefe Überzeugung von der führenden Rolle der aristokratischen Elite, die bewusst eine Politik der Fürsorge gegenüber den unteren Schichten betreiben soll. Revolution bedeutet für ihn das Blut der Unschuldigen, soziales und politisches Chaos und letztlich – eine zivilisatorische Katastrophe.
Er spricht sich kategorisch gegen das patriotisch-demokratische Lager und den sozialen Wandel aus.”
Athanasius Raczyński über seine Einstellung zu Polen:
„[...] wer sagt, dass ich mein Land nicht liebe, lügt oder irrt. Nach langer Abwesenheit besuche ich immer wieder mein Geburtsland, nicht ohne süße Empfindungen; nationale Erinnerungsstücke wecken seit einem halben Jahrhundert mein lebhaftes Interesse, und ich habe nie aufgehört, in Archiven, Dokumenten, Chroniken und alten Büchern zu stöbern, um Polens Traditionen und Geschichte zu studieren. [...] Ich liebe also mein Heimatland sehr, auch wenn ich es nicht auf besondere Weise zum Ausdruck bringe; was ich aber nicht liebe und was meine Verachtung sehr erregt, sind die Lügen und die revolutionären Agitationen der nationalen Partei, kurz gesagt, die polnische Politik."
Warum identifizierte sich Raczyński mit dem preußischen Nationalinteresse? Dazu äußert sich Prof. Michał Mencfel folgendermaßen:
„Sicherlich spielten individuelle Erwägungen ehrgeiziger Natur eine Rolle: Der Wunsch nach einer Karriere in der staatlichen Verwaltung, die Versuchung, in der Nähe des Hofes zu leben, der Wille, eine herausragende gesellschaftliche Stellung mit allen damit verbundenen Positionen und Rechten einzunehmen. Entscheidend waren jedoch ideologische Argumente [...] mit dem Leitgedanken der unhinterfragbaren Unterordnung unter eine legitime, göttlich autorisierte übergeordnete Autorität. Dann gab es eine unauslöschliche Abneigung gegen jede revolutionäre Aktivität, selbst wenn sie aus den reinsten Motiven heraus unternommen wurde. Dann – die Überzeugung von der politischen Unreife und unverantwortlichen Träumerei vieler Vertreter der polnischen politischen Elite.“
Quelle: Barbara Kowalewska, Dopuścić do głosu różne racje [Unterschiedliche Begründungen zulassen], in: https://kulturaupodstaw.pl/dopuscic-do-glosu-rozne-racje-atanazy-raczynski-michal-mencfel-barbara-kowalewska/, zuletzt geprüft am 17. April 2024. [Übersetzt durch die Autorin]
Quelle: Aleksandra Kuligowska, Pałac na skraju puszczy [Ein Palast am Rande des Urwaldes], Poznań: Wydawnictwo Kwartet, 2008, S. 17-18. [Übersetzt durch die Autorin]
Quelle: Michał Mencfel, Atanazy Raczyński (1788-1874), Poznań 2016, S.452. [Übers. durch die Aut.]