Einschätzung des Bundesamts für Verfassungsschutz 2018:
Propaganda durch das Internet
„Trotz des Zusammenbruchs des IS-„Kalifats“ ist die Sympathisanten- und Anhängerszene in Deutschland und anderen westlichen Staaten weiterhin existent. Derzeit ist offen, wie sie sich bezüglich Themen, Aktionsfeldern oder Jihad-Schauplätzen orientieren wird. Dies zeigt sich besonders deutlich im Internet. Die Ideologie des IS hat das Ende des IS-„Kalifats“ überdauert und existiert insbesondere in Form von jihadistischer Propaganda fort, die von einer großen Sympathisantenszene konsumiert und weiter verbreitet wird. Hier dominiert vor allem die dezentral kommunizierte, inoffizielle Propaganda durch IS-Sympathisanten. Nach einer Phase der Zurückhaltung zeigt die deutsche Szene wieder gesteigerte Aktivitäten, insbesondere im Messenger-Dienst Telegram. Das in der gesamten jihadistischen Internetpropaganda enthaltene Drohpotenzial ist unverändert hoch. Immer wieder wird zu Anschlägen, vor allem in westlichen Staaten, aufgerufen. [….]
Die dezentrale, nicht durch den IS autorisierte Propaganda wird momentan hauptsächlich über den Messenger-Dienst Telegram gesteuert. In zahlreichen IS-nahen Kanälen und Gruppen werden insbesondere Themen der offiziellen IS-Propaganda aufgegriffen, multipliziert, kommentiert und teilweise durch neue Themen ergänzt. Anschlagsdrohungen werden ebenso in hohem Maße über den Messenger-Dienst verbreitet.
Onlineagitatoren nehmen eine Schlüsselrolle bei der Streuung und Weiterentwicklung des Materials ein. Mitunter betreiben Unterstützer auch eigene Websites und Onlinemagazine, die ebenfalls über Telegram verbreitet werden. So erscheint seit März 2018 regelmäßig das englischsprachige IS-nahe Onlinemagazin „From Dabiq to Rome“.
Zwar finden sich in jüngster Zeit von offizieller wie auch inoffizieller Seite des IS kritische Äußerungen zu Telegram, doch hatte dies bis dato keine Auswirkungen auf Anzahl und Vielfalt der IS-nahen Telegram-Kanäle und -Gruppen.
Telegram etabliert sich kontinuierlich in der deutschsprachigen Szene. Entscheidenden Einfluss hat dabei die Internationalisierung der Szene: Offizielles und inoffizielles Propagandamaterial wird über Sprachgrenzen der Nutzer hinweg geteilt. Die deutschsprachige Unterstützerszene bedient sich an diesem breit gefächerten Angebot.“
Bundesamt für Verfassungsschutz. „Verfassungsschutzbericht 2018“, Berlin 2019, 175, 185f., http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/sicherheit/vsb-2018-gesamt.pdf?__blob=publicationFile&v=10, zuletzt geprüft am 13. Juli 2022.