Ereignisse und Einschätzung des Bundesamts für Verfassungsschutz 2021:
G20-Gipfel 2017
Am 7. und 8. Juli 2017 fand in Hamburg der G20-Gipfel, ein Treffen der Staats- und Regierungschefs der „Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer der Welt“ (G20) statt. Dazu zählen 19 Staaten und die Europäischen Union. Der G20-Gipfel ist aus Sicht der gewaltorientierten linksextremistischen Szene seit jeher ein Kristallisationspunkt des Protestes gegen die Repräsentanten des „kapitalistischen Systems“, das es aus ihrer Sicht zu bekämpfen gilt. Zum Schutz des Gipfels waren mehr als 20.000 Polizeibeamte eingesetzt; dennoch kam es in der Nacht des 6. und 7. Juli zu schwersten gewalttätigen Ausschreitungen, die sich nicht nur gegen die Polizei, sondern auch gegen unbeteiligte Dritte richteten (unter anderem Brandstiftungen an Kfz, Plünderung von Geschäften). Insbesondere bei der durch das autonome Spektrum geprägten Demonstration „G20 – Welcome to Hell“ am 6. Juli wurden viele Polizisten verletzt: Als die Einsatzkräfte versuchten, circa 1.000 Vermummte von den übrigen Demonstrationsteilnehmern zu trennen, bewarfen Demonstranten die Beamten mit Flaschen und Steinen und griffen sie mit Stöcken, Eisenstangen und Holzlatten an. Die Polizei setzte zur Lageberuhigung Wasserwerfer und zum Teil Tränengas ein. Während der Proteste ist nicht nur ein erheblicher Sachschaden verursacht worden – nach Angaben eines Polizeisprechers wurden in der „heißen Einsatzphase“ – das heißt vom 6. bis 9. Juli – 231 Polizisten verletzt.
Klimaaktivismus
Mit ihrem vermeintlichen Engagement für den Klimaschutz versuchen Linksextremist*innen, Einfluss auf Proteste zu nehmen, die sich z.B. gegen den Braunkohleabbau oder weitere fossile Brennstoffe wie Erdgas wende. Hierbei geht es ihnen aber nicht nur um freie Meinungsäußerung, sondern sie wollen ihre eigenen ideologischen Positionen mit hineinbringen. Vor allem das Bündnis „Ende Gelände“ (EG) startet viele Aktionen und ist in der Szene sehr einflussreich.
Ein weiteres Thema, für das sich Linksextremist*innen einsetzen, ist die „Mobilitätswende“. Im zeitlichen Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2021 hatten EG und der antiimperialistische Zusammenschluss „Perspektive Kommunismus“ (PK) zu Protesten in München, dem Austragungsort der Internationale Automobilausstellung (IAA), aufgerufen. Auf dem globalen Netzwerk „de.indymedia“ wurdenvorab Gewaltanwendungen angekündigt:
„Wir kündigen hiermit jeglichen Aktionskonsens auf. Wir werden im September die IAA angreifen. (...) Wir werden Bullen angreifen, wir werden Infrastruktur zerstören, wir werden Gewalt gegen alle anwenden, die versuchen uns daran zu hin- dern. (...) Smash IAA! Kill all Cops!“ (Internetplattform „de.indymedia“, 31. August 2021)
Linksextreme Teilnehmende den den Protestaktionen warfen Steine auf Einsatzkräfte der Polizei, zündeten Rauchkörper und brannten pyrotechnische Gegenstände ab.
Gewalt gegen die Polizei
Die in beiden Fällen beschriebene Gewalt gegen Polizist*innen ist eine typische Form der Gewalt des Linksextremismus. Neuste Zahlen zeigen, dass im Jahr 2021 6.142 Straftaten mit linksextremistischem Hintergrund erfasst wurden, darunter 987 Gewalttaten. Dabei richtet sich die linksextreme Gewalt zumeist gegen die Polizei und Sicherheitsbehörden 572 Fälle (2020: 776). Weitere Zielgruppen der Gewalttaten sind (vermeintliche) Rechtsextremisten (2021: 264 Delikte; 2020: 340) sowie der Staat, seine Einrichtungen und Symbole (2021:471; 2020:681).
Abgesehen von wenigen Ausnahmen distanzierte sich die linksextremistische Szene nicht von den gewaltsamen Ausschreitungen, sondern sieht Militanz nach wie vor als legitimes Mittel an. In vielen Beiträgen wurden Blockaden und Angriffe auf die Polizei gutgeheißen, Plünderungen von Geschäften und Brandstiftungen an Kleinwagen wurden demgegenüber teilweise als nicht zielführende Randale bewertet.
Die Ausschreitungen zeigen zum wiederholten Mal, dass es der gewaltorientierten linksextremistischen Szene gerade bei Protestveranstaltungen im großstädtischen Raum gelingt, eine Vielzahl von Anhängern zu mobilisieren. Neuste Daten verzeichnen zwar einen Rückgang linksextremer Gewalttaten, jedoch verbleiben die Strafttaten (bspw. Sachbeschädigungen) im Spektrum des Linksextremismus auf einem konstant hohen Niveau.
Bundesamt für Verfassungsschutz, „Massive Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg – Reaktionen der linksextremistischen Szene“, Schlaglicht, 2017.
Bundesministerium des Innern und für Heimat (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht 2021. https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/publikationen/DE/verfassungsschutzberichte/2022-06-07-verfassungsschutzbericht-2021.html, zuletzt geprüft am 14.07.2022.
Verfassungsschutz: Linksextremistische Straf- und Gewalttaten 2012 - 2021. https://www.verfassungsschutz.de/DE/themen/linksextremismus/zahlen-und-fakten/zahlen-und-fakten_node.html; zuletzt geprüft am 14.07.2022.