José Chirindza (Gruppe 1)

Wie erfuhren Sie von der Möglichkeit, in der DDR befristet arbeiten und leben zu können?

„Ein Freund von mir machte mich darauf aufmerksam, dass es die Möglichkeit gibt, eine Aus­bildung in der DDR aufzunehmen, die mit einem beruflichen Abschluss en­det. Dafür musste ich eine Bewerbung schreiben. Das Angebot interessierte mich, da ich davon ausging, dass es bestimmt gut für die Zukunft für mich sei und ich könne dann später – so meine Vorstel­lung – mit dieser Ausbildung in Mosambik einen Arbeitsplatz finden. Ich habe dann die Be­wer­bung geschrieben und konnte in die DDR reisen. […] Konkrete Erläuterungen über den Inhalt des Abkommens und über die Verdienstmöglichkeiten haben wir nicht erhalten. Uns wurde nur erklärt, dass wir in der DDR als Facharbeiter ausgebildet und dann bei der Rück­kehr nach Mosambik als Fachleute in den Beruf eingesetzt werden können, den wir in der DDR erlernt haben. […] Ich war noch nie in Europa und wusste nur, dass die DDR zu Europa gehört. Ich wusste auch nichts über die Arbeits- und Lebensbedingungen, was mich aber nicht verunsichert, ich dachte – lass dich überraschen.“
 

Wie wurden Sie von den neuen Arbeitskollegen aufgenommen? Gab es Ihnen gegen­über als Afrikaner bestimmte Vorbehalte?

„Von meinen neuen Arbeitskollegen wurde ich gut aufgenommen und ich spürte mir gegen­über auch keine Vorbehalte. Ich kann nur sagen, dass ich dort, wo ich angefangen habe zu arbeiten – in Görlsdorf – keine Problem mit den deutschen Arbeitskollegen hatte.“
 

Waren Sie mit den Wohnbedingungen, der Unterbringung in Wohnheimen zufrieden?

„Im ersten Wohnheim in Görlsdorf war ich zufrieden, da waren wir zu zweit in einem Zimmer. Im Wohnheim in Guben, wo 200 Mosambikaner untergebracht waren, war ich nicht so zufrie­den, da waren wir zu viert auf einem Zimmer. Das war schon fast eine Katastrophe. Da war ich Gott sei Dank nur ein Jahr und bin dann ins Chemiefaserwerk Premnitz gewechselt. Dort war das Wohnheim wunderbar, obwohl wir 300 Leute waren. Ich habe dort meine Landsleute betreut und hatte ein Zimmer für mich.“
 

Konnten Sie die Möglichkeiten einer kreativen Freizeitgestaltung, z. B. sportliche und geistig-kulturelle Aktivitäten, nutzen?

„Ja, es gab schon Angebote. Jeder Betrieb hatte auch eine Fußballmannschaft, wo man mit­ma­chen konnte. Ich war aber nicht besonders sportlich und habe anderweitig meine Freizeit verbracht.“
 

Pflegen Sie über den engeren Kreis Ihrer Arbeitskollegen hinaus auch freundschaft­liche Kontakte mit anderen DDR-Bürgern? Hatten Sie Freundschaften zu Bürgern der DDR?

„Ja, ich bin ja 1980 in die DDR eingereist und habe seitdem auch freundschaftliche Kontakte mit DDR-Bürgen aufgenommen, die zum großen Teil noch heute bestehen.“
 

Wurden Sie in der Zeit Ihres DDR-Aufenthaltes irgendwie mit Anzeichen von Fremden­hass und Rassismus konfrontiert? Wenn ja, in welcher Form?

„Lange Zeit habe ich nichts davon gespürt, bis auf einmal zu meiner Hochzeit, wo eine kleine Gruppe von Skinheads auf dem Bahnhof in Rathenow meine Gäste attackiert haben. Ansonsten gab es keine Konfrontationen. Das ich öfter mal gefragt wurde, ‚was machst du Schwarzer/Neger hier‘, hab ich nicht als Fremdenhass oder Rassismus eingeordnet, mehr als dumme Frage.“

Quelle

Auszüge aus einem Interview mit José Chirindza. „Ich bin froh, in die DDR gekommen zu sein“, in: Ulrich van der Heyden, Wolfgang Semmler und Ralf Straßburg (Hg.), Mosambikanische Vertrags­arbeiter in der DDR-Wirtschaft. Hintergründe – Verlauf – Folgen, Münster: Lit, 2014, 207-209.