Skript: Rajinder Singh (Zusatzmaterial für Lehrkräfte)

Das war natürlich ein schönes Moment für mich, aber ich wusste nicht wohin, weil ich ja noch jung war, halt zehn Jahre, und ich dachte okay, ich gehe einfach mit dahin, wo meine Familie ist. Dann sind wir dann halt nach Delhi, von Delhi aus ging das schnell eigentlich, ein, zwei Tage waren wir da und dann direkt nach Bangkok. In Bangkok haben wir noch auch ungefähr zwei Wochen da gelebt, ja, und da mussten wir irgendwie warten. Da hat man glaube ich so von Bangkok aus noch mal ein Visa bekommen, um nach Deutschland zu fliegen, und von da aus sind wir nach Deutschland geflogen. Ich war dann halt mit meinem Bruder, der dann halt gehbehindert ist, und mit meiner Mutter unterwegs. Eigentlich hätten wir gerne die Großen auch mitgenommen, aber ging leider nicht. Als wir in Bangkok waren, ich weiß noch, dass es dann… als wir von Indien losgefahren/geflogen sind, war es alles für mich halt nur neu. Natürlich habe ich Flughafen nicht gekannt oder die Flugzeuge halt, alles unbekannt, alles neu, und auch als wir in Bangkok angekommen sind, ganz anderes Land, ganz andere Leute, erstmal die Leute gesehen und das war komplett anders, also auch der Geruch. Eigentlich ich fand es so richtig schön eigentlich in Bangkok, und dann nach zwei Wochen haben wir da gelebt und dann weiter nach Deutschland. Das war wirklich für mich wie ein Abenteuer. Ich habe mich riesig gefreut. Als wir nach Deutschland angekommen sind, da war es halt nur, weil da ein anderes Land ist, anderes Wetter, mir war schlecht, ich habe mich übergeben während der Fahrt von Berlin sind wir glaube ich angekommen. Ich war falsch gekleidet, ich hatte so komische Hausschuhe angehabt. Meine Mutter wusste damals nicht, dass das Hausschuhe sind und hat uns die Schuhe angezogen. Schon krass, wenn ich jetzt danach denke, daran denke, dass ich dann so mit den Hausschuhen da rumgelaufen bin am Flughafen. Wir sind in Berlin angekommen, da hat mein Vater uns abgeholt. Dann sind wir von Berlin nach Düren gekommen, ja, die hatten ein Haus, mein Vater hat noch einen Partner gehabt, mit dem er zusammen gearbeitet hat. Mein Vater war hier natürlich auch im Einzelhandel tätig. Ja, mein Vater, als er hier angekommen ist, hat er auch Asylantrag gestellt, wurde angenommen und seit 1980 ist mein Vater dann hier in Deutschland. Aber mein Vater war dann halt hier auch politisch tätig halt, aber halt nicht so stark wie in Indien damals. Dann halt nur er hier für die Sikhs, die hier leben, für die dann halt so einen Tempel gegründet und dort dann halt, dass die Leute, unsere Leute, unsere Kultur nicht verlieren, dass die dann jeden Sonntag zu diesem Tempel hingehen können und beten können. Als Arbeit hatte der dann ein Textilgeschäft geführt und wir hatten… das lief alles eigentlich ganz gut. Also wir hatten ein eigenes Haus und davon träume ich heute noch, so richtig schön und groß. Für mich war das halt, wo ich meinen Vater zum ersten Mal gesehen habe, meine Mutter hat natürlich uns den ganzen Weg halt erzählt, wie mein Vater so ist und wie wir ihn erkennen können und wo ich ihn gesehen habe, war ich total froh, also dass er vor mir steht, dass ich dann halt auch Papa sagen kann, Vater nennen kann und ihn sehen kann, mit ihm reden kann. Aber natürlich am Anfang war das halt, ich konnte nicht direkt auf ihn zugehen. Ich musste ihn halt auch erstmal kennenlernen. Ja, also meinen Vater habe ich eigentlich ganz schnell angenommen, zu ihm so eine Beziehung direkt aufgebaut, weil er ist eigentlich ein ganz, ganz lieber Mensch, ist auch mit uns halt sehr lieb umgegangen und hat mich immer in den Arm genommen und zu sich gerufen, damit wir halt diese Nähe von ihm bekommen, die wir jahrelang nicht bekommen haben. Ja, meine Mutter hat es eigentlich sehr gut angenommen. Natürlich weil sie ja auch mit ihrem Mann dann zusammen ist. Nach 10 Jahren dann halt ihren Mann wieder bei sich zu haben, würde ja jede Frau sich wünschen. Ja, ich denke, meine Mutter war schon sehr erleichtert, dass sie dann halt das geschafft hat, dass sie dann uns hierhin gebracht hat. Ich weiß nur, dass sie immer wieder sich Sorgen gemacht hat wegen meinen anderen zwei älteren Brüdern, weil die ja noch in Indien waren. Da hat aber mein Vater dann halt sie schon beruhigt, dass er sich darum kümmert und er hat natürlich auch nicht aufgegeben. Der hat dann… Nach zwei Jahren waren die dann ja auch hier. Ja, also einerseits war es sehr, sehr schön dort in dem großen Haus und andererseits war das halt für mich alles neu. Ich bin in Indien aufgewachsen mit den Leuten, die dann halt Turban tragen und wo die Väter einen langen Bart haben oder die Söhne später auch und man kannte das Leben nicht anders. Als wir dann hier in Deutschland waren, ist man umgeben von Deutschen halt und man sieht kaum einen Inder in der Stadt und dann musste man damit klarkommen. Man war in der Schule Außenseiter. Ich habe kein Wort Deutsch gesprochen, sprechen können, und Turban getragen. Es war alles neu. Also für die Leute war das, die hatten so einen Jungen auch noch nie gesehen gehabt. Ich war der einzige, der dann halt mit einem Turban da rumgelaufen ist. Meine Mitschüler haben sich damals natürlich lustig gemacht. Das ist verständlich. Als Jugendlicher achtet man dann nicht darüber, ob die andere Person sich beleidigt fühlt oder ob man die Person jetzt mobbt. Merkt man manchmal nicht. Aber anfangs habe ich gedacht, okay, habe ich ja eh kein Wort verstanden, ob die mich beleidigen oder was auch immer. Ich wurde direkt in die Hauptschule gesteckt und das war direkt die 5. Klasse. Grundschule hatte ich ja in Indien gemacht. Ich glaube circa zwei Wochen oder so habe ich da nur gesessen im Unterricht und nur angeguckt und dann hat eine Lehrer, die hat Zeit genommen, mit meinen Eltern dann gesprochen, dass sie dann halt mir Unterricht gibt, Privatunterricht, und sie hat mir dann beigebracht langsam, langsam wie was heißt und das hat eigentlich also sehr gut geklappt. Und ich habe dann natürlich auch viel Fernsehen geguckt, Trickfilme und damals Spiderman, alles, was natürlich 90er dann halt lief und dadurch habe ich eigentlich schneller Deutsch gelernt. Ich konnte schon nach halbes Jahr schon eigentlich mich verständigen. Dann langsam habe ich dann natürlich auch Freunde gefunden in der Schule, mit denen ich dann rumgehangen habe, die mich dann auch so akzeptiert haben, wie ich bin. Aber natürlich kann man nicht von allen erwarten, dass sie dich akzeptieren, dass du anders bist als die. Die haben sich immer lustig gemacht über mich und ich war sehr, sehr schüchtern damals. Auch wenn sich einer lustig über mich gemacht hat, habe ich kein Wort rausbekommen aus mir oder ich habe mich nicht aufgeregt oder so, mit denen Streit angefangen. Wo ich dann halt so von anderen Kindern, Sikh-Kindern, gehört habe, dass sie sich geschlagen haben, weil die beleidigt worden sind oder so und ich war halt einer, der dann sich zurückgezogen hat, eingesteckt alles, was sie gesagt haben und irgendwann haben die Kinder dann selber gesehen, okay, den kümmert es nicht, wenn wir was sagen oder so. Wir sind ja sonntags immer zum indischen Tempel gegangen. Da hat man dann die anderen Sikh-Kinder kennengelernt, mit denen rumgehangen und da war ich halt eine andere Person als ich in der Schule war. Da war ich viel offener, weil ich ja natürlich mich besser ausdrücken konnte in meiner Sprache, Muttersprache, Panjabi. Ich war komplett andere Person. Ich war halt schon einer, der im Mittelpunkt steht. Später sind wir dann nach Birkesdorf umgezogen. Da habe ich dann mich von vornherein ein bisschen offener gezeigt. Ich habe mir vorgenommen, okay, du musst dich zeigen, wie du selber bist. Das Anderssein war halt, dass ich einen Turban getragen habe von klein an, auch in der Schule dann halt jeden Tag Turban getragen und da ist man dann halt anders als die anderen und auch wenn man jetzt halt dunkelhäutig ist. Eigentlich reicht dieser Grund schon, wenn man dunkelhäutig ist, dass man anders ist als die anderen in der Klasse oder Schule. Das war damals also für mich 1990 und dann halt noch Turban tragen, dann ist man komplett also ein einziger dann in der Schule, das ist schon sehr schwer dann. Später, wo ich den Abschluss hatte, den Hauptschulabschluss hatte, dann habe ich dann mich noch beworben mehrere Stelle und da habe ich diese Problematik gesehen, dass es dann halt sehr, sehr schwierig ist, überhaupt einen Job zu bekommen oder eine Ausbildung zu bekommen. Später habe ich mir überlegt, okay, ich möchte dann halt einen besseren Abschluss machen. Dann habe ich… bin ich zur Schule gegangen für Realschulabschluss. Ich habe ja meine Haare erst viel, viel später geschnitten, wo ich dann selbstständig war. Die Problematik richtig hat bei mir gestartet, als ich dann halt im Textilgeschäft tätig war und Kunden hatte, die mich dann halt als einen älteren Mann gesehen haben. Wo ich 20, 22 war, haben die mich schon als 30, 40 Jahre gesehen. Also ich habe sehr schnell starken Bart bekommen. Ich hatte so einen langen Bart und die haben dann halt teilweise sich lustig gemacht oder so über mich und das bekommt man ja mit, merkt man, wenn Personen dann halt so kichern und all das. Das ist ein Gefühl gewesen halt, wo ich dann… womit ich nicht klarkam. Ich war auch viel tätig im Tempel, ich habe Tabla gespielt auf der Bühne halt in dem Tempel und war auch Vorbild und das war… deswegen war das noch schwerer für mich da rauszukommen. Ja, ich habe die Religion sehr gemocht. Ich mag die jetzt noch, ich gehe heute noch jeden Sonntag (Gurzwada?). Das einzige, was mir nicht gepasst hat, halt dass man langen Bart tragen muss und Turban tragen muss, dass man anders aussehen muss. Dann habe ich mir halt irgendwann Gedanken gemacht, gedacht, ich denke nicht, dass es Gottes Wille ist, dass man ein Leben lang etwas macht, wofür man nicht steht. Die Religion muss man, sollte man vom Herzen führen, solange man selber aus dem Herzen weiß, dass man… weiß, welcher Weg richtig ist, dass man nicht stiehlt, dass man keine Drogen nimmt, dass man gar keinen Alkohol trinkt, dass man Vegetarier ist und keine Zigaretten und das habe ich alles nicht gemacht und das hat mich auch nie gestört, dass ich das nicht mache. Ich bin heute noch Vegetarier und komme ganz recht damit. Man hat fünf Zeichen, muss eins bei sich haben. Das ist einmal dieser Dolch. Dann hat man Armband, so einen Armring, das ist dafür da, wenn… damit ein Sikh nicht stiehlt. Das trägt man immer an der rechten Hand. Jedes Mal, wenn man stiehlt, dass man dann diese Hand, diesen Ring sieht, dass man schon Gefangener von Gott ist, dass man nur daran erinnert wird, dass es falsch ist, was du da machst. Und dann gibt es ein drittes, (Gescherra?) nennt sich das, das ist eine lange Unterhose, damit man immer bedeckt ist, bis zu den Knien halt bedeckt ist. Als viertes gibt es noch einen Kamm, weil die Sikhs ja lange Haare haben, dass sie dann halt immer sich sauber halten können und immer Haare kämmen. Und das ist das fünfte dann halt, lange Haare haben. Bei uns wird Bart auch als Haare gesehen. Das heißt, man darf nirgendwo Haare schneiden oder sich rasieren. Das ist so, man sollte so leben, wie der Gott uns geschickt hat. Lange Haare tragen und Turban tragen ist halt so ein Zeichen von einem Sikh. Wenn jetzt ein Sikh zwischen Tausenden Leuten steht, dass der direkt von Weitem schon erkannt werden kann, dass das ein Sikh ist. Irgendwann habe ich das nicht mehr ausgehalten. Eigentlich dürfte ich dieses Gefühl ja gar nicht haben. Ich bin ja eigentlich ein religiöser Mensch, aber trotzdem stört mich das, dass ich lange Haare habe, dass ich Bart trage, aber das dürfte ja nicht sein und deswegen habe ich gedacht, ja, okay, dann müsste der liebe Gott einen Weg für mich gefunden haben, wenn er mir diese Gefühle schon gibt. Ich möchte nicht unterdrückt leben. Deswegen habe ich dann halt diesen Weg genommen, habe dafür entschieden, dass ich die Haare schneide. Ich wusste, dass mein Vater, meine Mutter, dass die damit nicht einverstanden sein werden, dass die das sehr viel ärgern würde, dass sie sehr traurig sein würden darüber. Habe ich gesagt, okay, dann ist das halt so ein neuer Schritt in deinem Leben und den musst du jetzt gehen. Ich habe dann angerufen, habe denen das erzählt. Ich habe schon zwei Jahre eigene Wohnung da schon gehabt und alleine gelebt. Dann habe ich denen angerufen und denen gesagt und die meinten, ja, du brauchst nicht mehr zu uns nach Hause zu kommen. Dann haben die zwei Jahre lang mit mir keinen Kontakt gehalten, also haben die mich nicht mehr sehen wollen. Zwei Jahre lang. Die haben mich dann zwischendurch natürlich im Tempel gesehen, aber wollten… haben mich nicht begrüßt. Und später habe ich dann… Also mein Bruder hatte auch mit mir keinen Kontakt gehabt. Irgendwann nach zwei Jahren oder so bin ich dann trotzdem zu meinem Bruder hingegangen, habe ihm gesagt, ich vermisse euch und so, tut mir leid, dass es so… Ich sagte, ich kam damit nicht klar. Und es ist halt so, die Zeit heilt ja die Wunden und er hat mich dann schon angenommen und dann hat er auch noch mit meinem Vater gesprochen. Aber mein Vater war trotzdem nicht einverstanden. Als ich dann noch langen Bart hatte, Turban hatte, habe ich mich eigentlich genauso angekleidet, so jung und ich weiß nicht. Also meine Freunde meinten ja halt so, du bist genauso wie damals auch. Aber ich habe mich halt als komplett neue Person gefühlt. Vorher war ich immer Außenseiter. Man hat das Gefühl, die Person guckt mich gerade an oder die machen sich lustig über mich oder so. Und dann später, wo ich dann Haare abgeschnitten habe, rasiert war, habe ich mich ein bisschen freier gefühlt. Das war schon anders. Also das ist schon besser. Die Zeit, wo das passiert ist, war ich einer der einzigen aus Köln. Da hat einer vor mir dann die Haare noch geschnitten gehabt und nach mir haben dann zwei, drei Jugendliche es gewagt, wo die Leute das alles dann natürlich auf mich geführt haben, weil ich dann das gemacht habe, weil ich Vorbild war im Tempel von den Jugendlichen. Also im Tempel haben die Leute mich dann schon akzeptiert und mein Vater war halt nur strikt, weil er war einer der Führer halt und war für ihn so eine Schande über die Familie oder… Ja, dann später habe ich ja meine Frau kennengelernt und dann sind wir zu meinen Eltern hingegangen, habe denen gesagt, dass wir heiraten wollen und die auf Hochzeit einladen wollen. Wollte er nichts wissen. Hat er gesagt nein, du hast Haare geschnitten, bla bla bla, und wir wollen mit dir nichts zu tun haben. Ja, dann haben wir geheiratet, dann haben wir nach einem Jahr noch Kind bekommen und dann ist meine Frau noch halt… Die hat zwischendurch immer wieder dann halt versucht, Sonntag wenn wir (Gurzwada?) waren, mit meinen Eltern zu reden und da haben die dann gesagt, ja, okay, komm mit dem Kind, komm mit den beiden dann zu uns nach Hause. Und dann waren wir zu Hause und dann langsam, langsam ging es wieder. Also unsere Kulturen sind auch nicht ziemlich gleich, von meiner Frau und von mir, weil sie kommt aus Bangladesch, also halb Bangladesch, halb Marokkanerin. Ihr Vater ist aus Bangladesch und die Mutter aus Marokko. Und die ist Moslem und ich bin dann komplett andere Religion, Sikhismus, und da sind die Kulturen eigentlich auch anders. Aber weil die aus Bangladesch ist, ist die mit dem Indischen und so aufgewachsen und ist mehr so Inder, hat mehr indische Kultur und dadurch kamen wir dann eigentlich schon klar. Das hat meinen Vater eigentlich nie gestört. Er hat auch damals, als ich dann noch bei meinen Eltern zu Hause gewohnt habe und noch vollständiger Sikh war, da hat er auch gesagt, also ihm ist egal, wer meine Frau, also wie die Frau sein muss oder so, Hauptsache sie ist religiös und sie muss dann halt so Sikhismus übernehmen, meine Religion übernehmen. Wenn die bereit ist, kann ich auch mit der Person heiraten. Ich habe das von meiner Frau nie verlangt, dass sie meine Religion annimmt und das gleiche hat sie nie von mir verlangt, dass ich ihre Religion annehmen muss, weil ich denke, das ist dann halt schon so ein großer Schritt, seine Religion zu verraten. Ja doch, also ich bin schon angekommen. Ich fühle mich schon wie ein… dass das eigentlich mein Zuhause ist. Also wenn ich jetzt nach Indien gehen würde, denke ich, ist mehr für mich, dass ich im Ausland bin. Ich war, seitdem ich hier in Deutschland bin, noch nie in Indien. Also seit 1990 bin ich noch nie in Indien gewesen. Aus diesem Grunde, weil mein Vater ein Freiheitskämpfer war und als Flüchtling hier anerkannt ist, gibt die indische Regierung mir auch keinen indischen Pass und die deutsche Regierung dann halt gibt mir keinen deutschen Pass, weil die sagen, ich muss einen indischen Pass erstmal vorzeigen. Ich habe einen deutschen Pass, aber da steht die Staatsangehörigkeit Indisch und damit kann ich nicht nach Indien fliegen. Also ich habe ja im Textilbereich gearbeitet. Irgendwann lief das leider nicht mehr so gut. Dann habe ich dann halt meine Vorlieben, was… Meine Hobbys waren ja eigentlich immer Musik. Als mein Bruder 1992 nach Deutschland gekommen ist, er hat dann halt so in Indien Musik studiert und arbeitet heute noch hier als indischer Lehrer, Musiklehrer im indischen Tempel, Sikh-Tempel, und er hat mir dann halt dann auch Tabla beigebracht. Das ist ein Instrument, ein sehr bekanntes indisches Trommelinstrument. Ich habe dann halt bei ihm eigentlich gelernt und schnell gelernt. Nach kurzer Zeit konnte ich dann mit ihm auf der Bühne spielen, war mit ihm viel unterwegs, halt aber auch immer so in Tempeln, in verschiedenen Tempel haben wir damals Tabla gespielt. Dadurch kam ich dann zum DJ dann auch, weil ich dann Remixes machen wollte und viel indische Musik dann auch gehört hatte und habe ich mich immer gefragt, wie man diese Remixes macht eigentlich. Erstmal ging das wirklich nur darum, mir einen Schritt mich weiter zu bringen in dieser Musikrichtung, wie kann ich Lieder mixen, wie machen die anderen das. Da war ich ja noch selbstständig, wo ich dann das Textilgeschäft hatte, hatte ich genug Zeit öfters, wenn da gar keine Kunden kamen. Dann habe ich mich mit meinem Laptop einfach beschäftigt und ein bisschen Musik gemacht, Mixes gemacht. Und später habe ich einen Kumpel kennengelernt, der dann halt auch DJ war, der in dem gleichen Haus gewohnt hat, House-DJ, ist ein Deutscher geworden, nur da habe ich dann ihn gesehen, habe ich gesagt, boah cool, hat er immer erzählt, was er da so macht. Irgendwann war ich auf einer indischen Party, da hatte ich die Haare schon geschnitten natürlich. War ich auf einer indischen Party, da habe ich dann erlebt, wie die indischen DJs da derzeit aufgelegt haben und dann dachte ich, das sind doch Kopfschmerzenübergänge, was die da machen. Die haben ja gar kein Rhythmusgefühl. Und ein DJ, der muss ja eigentlich schon Übergänge machen können, sodass man keine Kopfschmerzen bekommt davon, dass man nicht mal merkt, dass da ein anderes Lied reingebaut worden, dass zwei Lieder gleichzeitig laufen können. Da habe ich dann gedacht, okay, eigentlich könnte ich das viel besser. Dann habe ich meine eigenen Remixes gemacht damit und später habe ich die Remixes dann halt an den indischen Veranstalter geschickt und dadurch habe ich dann Gigs bekommen und dann eine eigene Website gemacht. Mittlerweile ist das schon so, dass ich davon leben kann. In meinem Berufsleben jetzt sieht das so aus, dass ich also auch als Eventmanager tätig bin, dass wir dann halt auch Wedding-Agentur haben, wo wir dann für die indischen Bräute und Bräutigam, Braut, die ganze Hochzeit planen. Ich mache das zusammen mit meiner Frau, dass wir dann halt ganze Equipment besorgen, auch die Künstler vermitteln, indische Trommler oder indische Tänzer oder indische DJs, dass wir da auch andere DJs vermitteln. Also ich habe eine eigene Künstleragentur, Vermittlungsagentur. Dann bin ich auch selber als DJ unterwegs und das funktioniert ganz gut. Heimat, ja… Natürlich ist Heimat, meine Heimat Indien. Aber wenn ich jetzt so nachdenke, fühle ich mich hier schon eigentlich zu Hause, weil ich schon hier die meiste Zeit verbracht habe und ich seitdem gar nicht in Indien gewesen bin. Deutschland ist jetzt für mich Zuhause. Wenn ich jetzt nach Indien an meine Heimat denke, es ist… ich weiß nicht. Also meine Familie ist ja hier und alle sind hier. Irgendwie fühle ich mich bei beiden verbunden, auch in Indien, also wegen meiner Kultur, und mit Deutschland, weil ich das Leben halt hier kenne, weil ich das Leben jetzt in Indien, wie das ist, nicht kenne. Wenn ich jetzt nach Indien gehen müsste und dort leben müsste, wäre das jetzt für mich auch Neuland. All das, das Leben in Deutschland halt, das ist einem natürlich angenehmer als wenn man jetzt denkt, okay, weil man müsste in Indien damit zurechtkommen, wenn man auf der Straße dann, wenn da Schlägerei passiert oder dass man von Polizei ungerecht behandelt wird. Diese Angst hat man dann natürlich, wenn man nach Indien geht, dass man dann halt vielleicht auch unschuldig in den Knast geschickt wird, auch wenn man was nicht gemacht hat. Diese Gerechtigkeitsangst hat man dort in den Ländern schon und da fühlt man sich in westlichen Ländern schon wohler. Ja, was mag ich an Deutschland? Dass man Demokratie hat, dass man dann halt nicht unbedingt halt unfair behandelt wird. Dass man die Möglichkeiten hat, auch wenn man jetzt arbeitslos wird oder so, dass einem dann geholfen wird. Wenn man krank ist, Krankenhaus, all das. Diese Sachen hat man dann im Ausland oder in Indien halt oder Südländern halt nicht. Dann ist man meistens auf sich allein gestellt. Ich weiß es nicht, wie das jetzt dort ist. Meine Zukunft stelle ich mir vor wie jeder andere, halt ein eigenes Haus haben und zwei süße Kinder, die dann halt auch erwachsen werden, die dann halt mich auch lieben und die nicht diese Schwierigkeiten haben, die ich in der Schule hatte, als ich dann zur Schule gegangen bin mit meinem Turban, dass die das nicht haben und dass die dann halt mir irgendwann dankbar sind. Ja, und ein glückliches Leben mit meiner Familie. Dass irgendwann meine Eltern dann auch sagen, okay, du bist doch kein schlechter Mensch, wir sind stolz auf dich. Hördatei: 30 min.