Was steckt hinter Muslimfeindlichkeit?

Mit Zivilcourage gegen muslimfeindliche Vorurteile und Ausgrenzung

Von: Gönül Kaya

Ablaufplan

  1. Stunde 1: Wie funktioniert Diskriminierung?

    1. 1 . Einstieg

      Dauer 5 min
      • Die Lehrkraft kündigt die Übung „Einen Schritt nach vorn“ an und verteilt fünfzehn verschiedene Rollenkarten (Material 1) zu Personen, die aufgrund ihrer Eigenschaften diskriminiert werden. Je nach Gruppengröße bekommen mehrere SuS die gleiche Rollenkarte.
      • Sie bittet die SuS, sich ihre Rolle anzusehen und einzeln zu überlegen, welche Handlungsmöglichkeiten sie in ihrer Rolle haben.
        > Was dürft ihr tun? Was dürft ihr nicht tun?
      • Die SuS stellen sich in einer Reihe auf.
    2. 2 . Übung

      Dauer 10 min
      • Die Lehrkraft stellt acht Fragen (Material 2). Können die SuS die Fragen mit ja beantworten, gehen sie einen Schritt vor, wenn nicht (auch bei Unsicherheiten), bleiben sie stehen.
      • Hinweis:
        Wichtig ist hier, die SuS darauf hinzuweisen, dass es bei der Beantwortung der Fragen um eine subjektive Einschätzung geht und dass während der Übung nicht gesprochen werden soll.
    3. 3 . Auswertung I

      Dauer 10 min
      • Die SuS stehen entsprechend ihrer Rolle im Raum. Manche weiter vorne, andere weiter hinten. In der ersten Auswertung fordert die Lehrkraft die SuS dazu auf, ihre eigene Position zu reflektieren.
      • Einzelne SuS, sowohl vorne, hinten als auch mitten im Raum stehende, sollen sich zu folgenden Fragen äußern:
        > Wie hast Du Dich in Deiner Rolle gefühlt?
        > Wie ist es, so weit vorne/ hinten/ mittig zu stehen?
        > Wann haben diejenigen, die schnell vorwärts kamen, festgestellt, dass andere zurückblieben?
        > Wann haben diejenigen, die zurückgeblieben sind gemerkt, dass Andere schneller vorwärts kamen?
        > Wie haben sich diejenigen gefühlt, zurückgeblieben zu sein, während andere vorwärts kamen?
        > Was würden sie gerne denjenigen sagen die weiter vorne stehen?
      • Im Anschluss stellen sich die SuS ihre Rollen gegenseitig vor.
      • Wichtig ist, dass die Lehrkraft den SuS vermittelt, dass die Zurückgebliebenen oft schnell realisieren, dass sie weniger Chancen haben, während die Schnelleren häufig erst zum Schluss mitbekommen, dass Andere nicht so schnell vorwärts kamen wie sie.
    4. 4 . Rollenausstieg

      Dauer 10 min
      • Die Lehrkraft bittet die SuS einen Stuhl-kreis zu bilden, ein Stuhl fehlt. Sie erklärt die Übung „Der Wind weht für alle, die …“ und führt diese mit den SuS durch.
      • Ein/e Schüler*in steht in der Mitte und überlegt sich eine Sache, die möglichst viele SuS mit ihm/ihr gemeinsam haben. Dies können der Geburtsort, Klamotten, Religion, Geschwister usw. sein. Diese Sache fügt er/sie der Aussage: „Der Wind weht für alle, die…“ hinzu.
      • Nun müssen all diejenigen aufstehen und sich einen neuen Stuhl suchen, auf die das zutrifft. Die in der Mitte stehende Person versucht gleichzeitig, sich ebenfalls auf einen frei werdenden Stuhl zu setzen. Wer keinen freien Stuhl mehr findet, setzt das Spiel in der Mitte stehend fort.
      • Sagt der-/diejenige in der Mitte: „Obstsalat“, so müssen sich alle einen neuen Platz suchen.
    5. 5 . Auswertung II

      Dauer 10 min
      • Die SuS bleiben in dem Stuhlkreis. Die Lehrkraft bespricht nun folgende Fragen:
        > Wie war die Übung für Euch?
        > Konntet ihr euch in die Lebenssituation eurer Rolle reinversetzen?
        > War es leicht/ schwer zu entscheiden, ob man einen Schritt nach vorne machen kann? Warum?
        > Welche Fragen sind euch besonders im Gedächtnis geblieben?
  2. Stunde 2: Muslimfeindlichkeit erkennen

    1. 6 . Einführung

      Dauer 10 min
      • Die Lehrkraft erläutert, dass zu den Gruppen, die in Deutschland diskriminiert werden, auch Musliminnen und Muslime gehören. Sie fragt die SuS, was sie darunter verstehen und hält zentrale Thesen an der Pinnwand auf Moderationskarten fest (bzw. an der Tafel).
      • Impulse:
        Was verbindet ihr mit Muslimfeindlichkeit? Wer ist eigentlich „Muslim“? Wer genau wird hier ausgegrenzt?
      • Erwartungshorizont:
        Muslimfeindlichkeit richtet sich gegen Musliminnen und als Muslime wahrgenommene Menschen, die – unabhängig von ihrer tatsächlichen Religionszugehörigkeit oder Religiosität – als dem Islam zugehörig markiert und abgewertet werden. Kritik am Islam muss erlaubt sein. Doch sie darf nicht zu Pauschalisierungen führen. DEN Islam und DIE Muslim*innen gibt es nicht.
    2. 7 . Vertiefung I

      Dauer 10 min
      • Die Lehrkraft kündigt einen Erklärfilm der BpB „Muslimfeindlichkeit begegnen“ an (Material 1), der darlegt, wie sich Muslimfeindlichkeit zeigt. Sie bittet die SuS, sich Notizen zu machen.
      • Impulse:
        > Werden weitere Aspekte zu Muslimfeindlichkeit genannt?
        > Welche Beispiele von MF gibt es?
      • Die SuS sehen sich das Video ein erstes Mal an. Die Lehrkraft klärt Verständnisfragen zu einzelnen Begriffen.
      • Die SuS sehen sich das Video ein zweites Mal an und machen sich Notizen.
      • Sie präsentierten anschließend ihre festgehaltenen Notizen. Die Lehrkraft ergänzt die Thesen an der Pinnwand (bzw. Tafel).
    3. 8 . Vertiefung II

      Dauer 25 min
      • Die Lehrkraft fragt, was die SuS über Pegida wissen, die mit ihren Demonstrationen seit Oktober 2014 in Dresden in der Öffentlichkeit steht, und ergänzt.
      • Sie bildet Gruppen mit je fünf SuS und verteilt die Arbeitsblätter (Materialien 4-6) zu Aussagen von Pegida.
      • Die SuS bearbeiten die Arbeitsblätter in Gruppenarbeit. Sie diskutieren die Aussagen und Fakten. Zur Vertiefung können sie im Internet nach weiteren Quellen recher-chieren. Sie halten Ihre Ergebnisse stichpunktartig auf Moderationskarten fest.
    4. 9 . Präsentation/Auswertung

      Dauer 10 min
      • Zur Ergebnispräsentation bereitet die Lehrkraft die Pinnwand (bzw. Tafel) vor, indem sie zwei Spalten vorbereitet. Die linke Spalte wird mit „PEGIDA“ überschrieben, die rechte mit „FAKTEN“. In die linke Spalte schreibt sie die drei Aussagen von PEGIDA von den Arbeitsblättern (Materialien 4-6).
      • Die SuS präsentieren ihre Ergebnisse an der rechten Seite der Pinnwand.
      • Die Lehrkraft führ anschließend ein Unterrichtsgespräch.
      • Erwartungshorizont:
        PEGIDA e.V. ist vornehmlich ein Bündnis, das sich gegen die angeblich drohende Ausbreitung des Islamismus in Deutsch-land und Europa einsetzt. Die bisher friedlichen Demonstrationen sollen aber vor allem auf eine vermeintlich verfehlte Politik der Bundesregierung aufmerksam machen. Die Demonstrationen sind für die Menschen auch Ausdruck eines Verlusts von Vertrauen gegenüber den Institutionen dieser Gesellschaft: Parteien, Verbänden, Kirchen und den etablierten Medien in einer immer komplexer werdenden Welt. Es geht um allgemeine Unzufriedenheit am politischen System und die Angst vor Überfremdung, die sich am angeblichen Islamismus als Katalysator kristallisiert. (https://www.lpb-bw.de/pegida.html)
  3. Stunde 3: Mit Diskriminierung im Alltag umgehen

    1. 10 . Einstieg

      Dauer 5 min
      • Die Lehrkraft fragt die SuS, was sie mit Zivilcourage verbinden und ergänzt die Begriffsklärung: "Zivil" stammt von dem lateinischen Wort "civis" ab und heißt "Bürger*in". "Courage" ist französisch. Es bedeutet "Mut" oder "Beherztheit".
    2. 11 . Video

      Dauer 10 min
      • Sie erläutert die Aufgabe: Die SuS sehen sich in diesen beiden Stunden zwei Videoclips aus dem TV-Projekt „Zeit für Helden – Und was machst du?“ der BpB an. Beide handeln von unterschiedlichen Situationen, in denen Personen aufgrund einer vermuteten Zugehörigkeit zum Islam diskriminiert werden. Nach dem zweiten Abspielen des jeweiligen Clips arbeiten sie einen Frage-bogen ab.
      • Die SuS sehen sich den Videoclip „Bäckerei“ (Material 5) an.
    3. 12 . Stimmungsbild

      Dauer 5 min
      • Nach dem Videoclip fängt die Lehrkraft mit Hilfe von Moderationskarten ein kurzes Stimmungsbild der Klasse ein.
      • Impuls:
        > Wie findet ihr das?
        > Was geht euch durch den Kopf, nachdem ihr die Szene gesehen habt?
      • Die Lehrkraft verteilt den Fragebogen (Material 6).
    4. 13 . Wiederholung

      Dauer 10 min
      • Die SuS sehen sich den Videoclip „Bäckerei“ (Material 5) ein zweites Mal an.
      • Die SuS arbeiten den Fragebogen (Material 6) ab.
    5. 14 . Auswertung II

      Dauer 15 min
      • Einzelne SuS präsentieren ihre Ergebnisse, andere ergänzen. Die Fragen werden in der Klasse durchgegangen und ausgewertet.
      • Die Lehrkraft moderiert ein Unterrichtsgespräch.
      • Impulse:
        > Wie findet ihr es, wenn ihr von einer Frau mit Kopftuch bedient werdet?
        > Seid ihr schon mal diskriminiert worden?
        > Habt ihr schon mal diskriminiert?
        > Habt ihr schon mal eine ähnliche Situation erlebt?
        > Wenn ja, was habt ihr gedacht und wie habt ihr reagiert?
        > Ist es erlaubt in Deutschland abzulehnen, einen Muslim bzw. eine Muslima zu bedienen?
      • Hinweis:
        Die Lehrkraft sollte unbedingt auf Freiwilligkeit bei der Wiedergabe von Diskriminierungserfahrungen achten. Hier sollte keine Hierarchisierung zwischen verschiedenen Arten von Diskriminierung vorgenommen werden.
      • Ergebnishorizont:
        (Rechtliche Dimension) Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) lässt ungleiche Behandlungen auch bei Alltagsgeschäften, sog. Massengeschäften, nicht zu. Lediglich wenn ein sachlicher Grund vorliegt sind Ausnahmen gestattet (z.B. Preisnachlässe für Schüler*innen im Schwimmbad). Auch um Gefahren abzuwenden oder den Schutz der Privatsspähre zu gewährleisten sind Ungleichbehandlungen gestattet und zum Teil auch erwünscht.
  4. Stunde 4: Was kann ich gegen Diskriminierung machen?

    1. 15 . Vertiefung

      Dauer 5 min
      • Die Lehrkraft erklärt, dass es heute um eine Vertiefung geht und dafür ein zweites Video aus „Zeit für Helden“ herangezogen wird.
    2. 16 . Video

      Dauer 5 min
      • Die SuS sehen sich den Videoclip „Gebetsraum“ (Material 5) aus dem TV-Projekt „Zeit für Helden – und was machst du?“ der BpB an.
    3. 17 . Stimmungsbild

      Dauer 5 min
      • Nach dem Videoclip findet eine erste Kartenabfrage statt.
    4. 18 . Wiederholung

      Dauer 10 min
      • Die SuS sehen sich den Videoclip „Gebetsraum“ (Material 5) ein zweites Mal an.
      • Sie arbeiten in Einzelarbeit einen Fragebogen (Material 6) ab. Ggf. nehmen Sie die Online-Recherche zu Hilfe.
    5. 19 . Auswertung III und Sicherung

      Dauer 10 min
      • Die SuS präsentieren die Ergebnisse. Die Fragen werden in der Klasse durchgegangen und ausgewertet.
      • Hinweis:
        Es können drei Arten des zivilcouragier-ten Handelns unterschieden werden (BpB 2004, S. 28):
        - Eingreifen – zugunsten anderer, meist in unvorhergesehenen Situationen, in die man hineingerät und wo schnell entschieden werden muss.
        - Sich-Einsetzen – meist ohne akuten Handlungsdruck – für allgemeine Werte, für das Recht oder für die legitimen Interessen anderer, vor allem in organisierten Kontexten und Instituti-onen, häufig auch für eine größere Zahl, z.B. von Kollegen oder Betroffenen.
        - Sich-Wehren gegen akute Zumutungen und Angriffe, z.B. gegen Gewalt, Mobbing oder sexuelle Belästigung. Das kann auch bedeuten, sich zu weigern, etwas moralisch oder recht-lich nicht Annehmbares zu tun.
      • Als zivilen Ungehorsam bezeichnet man – in Ergänzung zur Zivilcourage – das bewusste Übertreten von als ungerecht empfundenen Gesetzen und Verordnungen, um auf einen staatlich ver-antworteten Missstand aufmerksam zu machen. Der Ungehorsame nimmt in Kauf, für seine Handlungen bestraft zu werden.
      • Die Lehrkraft sollte folgende Punkte ei-ner Handlungsempfehlung für die SuS nennen:
        1. Gefahr einschätzen und gefahrlos handeln – Ich helfe, ohne mich selbst in Gefahr zu bringen.
        2. Mithilfe fordern – Ich fordere andere aktiv und direkt zur Mithilfe auf.
        3. Genau hinsehen – Ich beobachte genau und präge mir Täter*innenmerkmale ein, ich mache mir dazu Notizen, um später nichts zu vergessen (Gedächtnisprotokoll).
        4. Hilfe holen – Den Notruf der Polizei wählen: 110.
        5. Opfer versorgen – Ich kümmere mich um das oder die Opfer.
        6. Als Zeug*in mithelfen – Ich stelle mich als Zeug*in zur Verfügung.

Sie können auch die gesamte Materialsammlung zusammen mit dem kompletten Text dieser Unterrichtseinheit herunterladen.