Widerstand gegen das NS-Regime

Die Geschichte von Heschel Grynszpan und seiner polnisch-jüdischen Familie

Sprache: Deutsch
Von: Katarzyna Jez
Didaktisierung: Dr. Stephan Theilig

Ablaufplan

  1. Stunde 1: Vorgeschichte und Kontext der Novemberpogrome 1938 sowie der „Polenaktion“

    1. Lernziele

      • Die Schüler*innen (S*S) erarbeiten erste Informationen zum Themenkomplex und erlangen ein Verständnis für den historischen Kontext der Novemberpogrome von 1938 und der „Polenaktion“.
      • Die S*S entwickeln ein multiperspektivisches Denken, um die Motive, Auswirkungen und Bedeutung dieser Ereignisse im Holocaust-Kontext zu erfassen.
    2. Vorbereitung

      • Die Lehrkraft macht sich Gedanken darüber, welche geschichtliche Einführung sich für die Lerngruppe am besten eignet. Sie bereitet alle dafür notwendigen Materialien und Hilfsmittel vor. Hierzu kann sie sich u.a. von den Videos auf www.zeitzeugen-portal.de inspirieren lassen.
      • Die Lehrkraft fertigt ausreichende Kopien von Material 1-5 an. Der Text in den Abbildungen der originalen Quellen in Material 4 und 5 ist recht klein. Sofern ein*e polnischsprachige*r Schüler*in mit einer Sehbehinderung in der Klasse ist, druckt die Lehrkraft die Abbildungen für sie*ihn in einem größeren Format aus.
      • Flipchart, Tafel oder Smartboard stehen zur Verfügung, um den Arbeitsgruppen die Präsentation ihrer Ergebnisse in Stationen zu ermöglichen.
      • Die Lehrkraft bereitet eine Zeitleiste für die Ereignisse der „Polenaktion“ vor. Sie kann diese entweder digital darstellen oder sich eine Vorlage erstellen und diese dann während der Gruppenarbeitsphase auf das Whiteboard übertragen.
    3. 1 . Einstieg

      Dauer 5 min
      • Kurze Einführung in die Geschichte der Novemberpogrome von 1938 und ihre Bedeutung in der Geschichte des Holo­caust, beispielsweise anhand eines kurzen Lehrer*innenvortrags oder eines Videos.
      • Kurze Vorstellung der drei Darstellungs­texte (Materialien 1-3) sowie der Quellen­auszüge (Materialien 4 und 5) und Einteilung der Klasse in drei Gruppen.
    4. 2 . Arbeitsphase

      Dauer 20 min
      • Die Lehrkraft händigt den drei Gruppen jeweils einen der Sachtexte aus (Materialien 1-3). Alle S*S bekommen die Textquellen (Material 4 und 5).
      • Die Gruppen bearbeiten ihren jeweiligen Text mit der dazugehörigen Fragestellung. Sie interpretieren die Quellen mit Hilfe der Sachtexte.
      • Die Gruppen fassen ihre Ergebnisse zusammen, z.B. auf einem Flipchart.
      • Während die S*S arbeiten, zeichnet die Lehrkraft die Zeitleiste ans Whiteboard oder bereitet ihre digitale Version der Zeitleiste vor.
    5. 3 . Präsentation der Ergebnisse (Gallery Walk) und Diskussion

      Dauer 15 min
      • Die Arbeitsergebnisse der einzelnen Grup­pen werden im Klassenzimmer an unter­schied­lichen Stationen aufgehängt.
      • Die S*S gehen von Station zu Station, ver­gleichen ihre Erkenntnisse mit denen der anderen Gruppen und ergänzen Details, die ihren eigenen Aufzeichnungen fehlen.
      • Im Anschluss bittet die Lehrkraft sie, gemeinsam die Zeitleiste auszufüllen. Wenn diese fertig ist, regt sie eine Diskussion im Plenum an.
      • Impuls:
        > Diskutiert in der Klasse die Ursachen und Konsequenzen der „Polenaktion“ sowie deren Bedeutung im größeren Kontext der Geschichte des Holocaust.
    6. 4 . Zusammenfassung und Ausblick

      Dauer 5 min
      • Die Lehrkraft fasst die wichtigsten Erkennt­nisse zusammen und gibt eine kurze Vor­schau auf die folgende Stunde und die Er­eignisse der Novemberpogrome.
    7. 5 . Zusammenfassender Erwartungshorizont bezogen auf diese Unterrichtsstunde

      Dauer 0 min

      Kontext & Vorgeschichte:

      Es bestanden eine zunehmende antisemitische Stimmung und Handlungen im Deutschen Reich seit 1933. Befürchtung der polnischen Regierung vor Rückkehr polnisch-jüdischer Men­schen aus Deutschland und Österreich. Gesetzgebung beider Staaten bezüglich der Staats­bürgerschaft.

       

      Motive & Absichten:

      NS-Regime: Vertreibung der Jüd*innen, speziell der als „Ostjuden“ bezeichneten Jüd*innen aus Osteuropa.

      Polnische Regierung: Verhinderung einer massenhaften Rückkehr von Jüd*innen aus dem Ausland.

       

      Drastische Auswirkungen (Beispiele für Zitate):

      „Tausende der Verschleppten irrten im Niemandsland umher.“ (Material 1)

      „Von dort aus wurden die Juden durch Wälder und Sümpfe Richtung Polen gejagt – begleitet von Drohungen und unter Beschuss der Nazis.“ (Material 2)

      „Die Bedingungen vor Ort in Zbąszyń waren vor allem in den ersten Tagen und Wochen katastrophal.“ (Material 3)

       

      Gemeinsamkeiten und Unterschiede:

      Alle Sachtexte (Materialien 1-3) beschreiben die Ereignisse um die „Polenaktion“ 1938 und die Bedrohung für die polnisch-jüdische Gemeinschaft. Unterschiede können in den Schwer­punkten und dem Fokus des jeweiligen Textes liegen.

       

      Ursachen & Konsequenzen:

      Zu bemerken ist eine Eskalation des Antisemitismus. Es handelt sich um die erste Massen­deportation von Jüd*innen aus dem Deutschen Reich. Die Aktion war ein Vorläufer für zu­künf­tige Deportationen und Massenmorde während des Holocaust.

    8. 6 . Erwartungshorizont bezogen auf die einzelnen Materialien

      Dauer 0 min

      Material 1

      Kontext und die Vorgeschichte der „Polenaktion“ 1938:

      Die Jüd*innen im deutschen Machtbereich waren täglichem Hass und Angriffen ausgesetzt. Die Eskalation im Oktober 1938 betraf Tausende polnisch-jüdische Arbeitsmigrant*innen. Die polnische Regierung wollte durch ein Gesetz im März 1938 die polnisch-jüdischen Arbeits­migrant*innen loswerden und entzog ihnen die Staatsangehörigkeit. Das NS-Regime wollte keine staatenlosen Jüd*innen. Beide Regierungen wollten die Jüd*innen loswerden. Die De­por­tation der polnisch-jüdischen Bevölkerung fand in der Nacht vom 27./28. Oktober 1938 an die deutsch-polnische Grenze statt. Die polnische Regierung verweigerte diesen Men­schen die Einreise.

       

      Motive und Absichten der beteiligten Parteien (NS-Regime, polnische Regierung):

      NS-Regime: Antijüdische Vertreibungspolitik; keine staatenlosen Jüd*innen im Reich; gene­relle antisemitische Politik.

      Polnische Regierung: Entledigen der polnisch-jüdischen Arbeitsmigrant*innen; politisches Ziel, Jüd*innen loszuwerden; Gesetz zur Entziehung der Staatsangehörigkeit.

       

      Zitat einer Passage aus dem Text, das die drastischen Auswirkungen auf die polnisch-jüdischen Menschen beschreibt:

      „Über Tage blieb die Grenze in beide Richtungen gesperrt. Tausende der Verschleppten irrten im Niemandsland umher, bis sie im polnischen Grenzgebiet in improvisierten Lagern, unter anderem in Zbąszyń (Neu-Bentschen), interniert wurden. Die Einreise nach Polen wurde ihnen weiterhin verweigert, zurück nach Deutschland konnten sie nicht. Sie waren aus Deutschland vertriebene polnische Juden im Niemandsland.“

      Material 2

      Kontext und Vorgeschichte der „Polenaktion“ 1938:

      Schon lange vor der „Polenaktion“ wurden Jüd*innen im Dritten Reich zum Ziel von Aus­grenzung, Repressionen und Hass. Propaganda gegen Jüd*innen und Boykotte im öffent­lichen Leben waren Alltag geworden. Insbesondere die als „Ostjuden“ bezeichneten Jüd*in­nen aus Osteuropa waren in einer besonders prekären Lage. Gewaltakte, Staatsbürger­rechts­einschränkungen und Berufsverbote für Jüd*innen verschlechterten die Lebens­bedingungen dieser gesellschaftlichen Gruppe erheblich. Die Folgen waren u.a. eine stän­dige Angst und eine wachsende jüdische Emigration aus dem Dritten Reich.

       

      Motive und Absichten der beteiligten Parteien:

      NS-Regime: Weiterführung der antisemitischen Politik, die 1933 begann; Reaktion auf polni­sche Maßnahmen durch Ausweisung von Jüd*innen polnischer Herkunft.

      Polnische Regierung: Furcht vor einer Zuwanderungswelle verarmter jüdischer Flüchtlinge aus Deutschland; Verabschiedung des Gesetzes über die Entziehung der Staatsbürgerschaft am 31. März 1938, das polnischen Staatsbürgern im Ausland die Staatsbürgerschaft entzie­hen konnte.

       

      Zitat über drastische Auswirkungen:

      „Als […] immer mehr Züge kamen, weigerte sich die polnische Seite zunächst, sie nach Polen einzulassen, so dass sie einige Kilometer vor der Grenze, im sogenannten Niemands­land, halten mussten. Von dort aus wurden die Juden durch Wälder und Sümpfe Richtung Polen gejagt – begleitet von Drohungen und unter Beschuss der Nazis."

       

      Material 3

      Kontext und Vorgeschichte der „Polenaktion“ 1938:

      Ende Oktober 1938 führte das NS-Regime die erste Massendeportation von Jüd*innen aus dem Deutschen Reich durch, bei der rund 17.000 jüdische Personen mit polnischer Staats­bürgerschaft verhaftet, ausgewiesen und gewaltsam zur polnischen Grenze gebracht wurden. Die Vorgeschichte begann mit der Annexion Österreichs durch das Deutsche Reich im Frühjahr 1938.

       

      Motive und Absichten der beteiligten Parteien:

      NS-Regime: Deportation von als „Ostjuden“ bezeichneten Jüd*innen aus Osteuropa, gegen die eine besonders ausgeprägte Feindseligkeit herrschte; Reaktion auf das polnische Vor­gehen, welches die Ausweisungspläne Deutschlands bedrohte.

      Polnische Regierung: Befürchtung einer massenhaften Rückkehr jüdischer Menschen mit polni­scher Staatsangehörigkeit aus dem Dritten Reich und Österreich, die Schutz vor anti­semitischer Verfolgung suchen könnten; Erlass eines Gesetzes zur Entziehung der Staats­bürgerschaft von Pol*innen, die länger als fünf Jahre im Ausland gelebt hatten; Verfügung, dass ab dem 30. Oktober 1938 Pässe im Ausland nur noch mit einem Sicht­vermerk des polnischen Konsulats gültig sein sollten.

       

      Zitat über drastische Auswirkungen:

      „Der erste Transport konnte die Grenze noch passieren, weil die polnischen Grenzbehörden völlig überrascht waren. Später verweigerten sie die Einreise. Die deutschen Polizisten und Wachleute trieben die ausgewiesenen Jüdinnen*Juden daraufhin zu Fuß über die Felder in das Niemandsland im Grenzbereich. Die Bedingungen vor Ort in Zbąszyń waren vor allem in den ersten Tagen und Wochen katastrophal."

       

      Materialien 4 und 5

      Inhalt:

      Beide Quellen stellen konkrete Regelungen der polnischen und deutschen Behörden dar. Während sich der polnische Erlass (Material 4) lediglich an im Ausland lebende polnische Staatsbürger*innen richtet und somit nur implizit auf jüdische Bürger*innen abzielt, richtet sich der deutsche Rundbrief (Material 5) explizit gegen die polnisch-jüdische Bevölkerung.

       

      Kontextualisierung der Quellen:

      Bei einem Vergleich beider Quellen können die S*S feststellen, dass die darin enthaltenen Regelungen gegensätzlich formuliert sind und es beiden Staaten darum ging zu verhindern, dass sich Jüd*innen im jeweiligen Land aufhalten. Dies führte dazu, dass viele Jüd*innen mit polnischer Staatsangehörigkeit aus Deutschland ausgewiesen wurden, aber nicht in Polen aufgenommen werden konnten.

  2. Stunde 2: Biografischer Hintergrund und Vorgeschichte zum Attentat Herschel Grynszpans im Kontext der „Polenaktion 1938“

    1. Lernziele

      • Die S*S kennen die Geschichte der Familie Grynszpan und wissen, welche Auswirkungen die „Polenaktion 1938“ auf ihr Schicksal hatte.
      • Die S*S erarbeiten auf der Grundlage der Auswertung von Archivmaterial biografische Informationen über die Familie Grynszpan und führen Selbstreflexion durch.
      • Die S*S erstellen eine Zeitleiste zu den Ereignissen, die der Familie Grynszpan widerfuhren.
      • Die S*S präsentieren Schlussfolgerungen, die sich aus der eingehenden Analyse der Quellen ergeben.
    2. Vorbereitung

      • Die Lehrkraft fertigt ausreichende Kopien von Material 6-9 an.
      • Sie entscheidet, welche visuellen Impulse sie für den Einstieg ins Thema wählt (z.B. von den Bildern, die in Material 6 enthalten sind) und bereitet die Präsentation dieser vor.
      • Die Quellen in Materialien 7-9 unterscheiden sich in Länge und Komplexität des Inhaltes. Die Lehrkraft überlegt vorab, ob sie eine Zuteilung der zu bearbeitenden Materialien für sinnvoll erachtet und teilt in diesem Fall die Gruppen für die Bearbeitung vorab ein. Der Text in Material 7 ist für S*S mit Sehbehinderung möglicherweise nicht gut lesbar. Sofern S*S mit Sehbehinderung unter den S*S sind, fertigt die Lehrkraft eine gut lesbare Version des Textes an. Der Inhalt der Materialien 8 und 9 ist ähnlich. Material 8 ist weniger komplex und eignet sich für S*S mit Hörbehinderung. Material 9 ist audio-visuell und eignet sich für S*S, die sich Aussagen auch dann erschließen können, wenn sie nicht jedes Wort verstehen. Zudem eignet es sich für S*S mit sehr guten Englischkenntnissen.
      • Flipchart, Tafel oder Smartboard stehen zur Verfügung.
      • Papier für den Zeitstrahl liegt bereit.
    3. 7 . Einstieg

      Dauer 5 min
      • Die Lehrkraft gibt eine kurze Einführung in die Stundenthematik der Familiengeschich­te z.B. anhand zweier Fotos der Familie Gryn­szpan (aus Material 6 oder 7), auf denen die Akteure identifiziert werden kön­nen, jedoch auch die Zustände im Lager Zbąszyń illus­triert werden. Durch eine Bild­beschrei­bung und -interpretation nähern sich die S*S im Unterrichtsge­spräch dem Thema an. Das Arbeitsblatt selbst werden die S*S zu einem späteren Zeitpunkt bear­bei­ten.
    4. 8 . Grundlegende Textarbeit

      Dauer 15 min
      • Die S*S befassen sich zunächst in Einzelarbeit mit dem Arbeitsblatt (Material 6) und erstellen einen Zeitstahl.
      • Im Klassengespräch wird dieser an der Tafel zusammengefasst.
    5. 9 . Quellenarbeit

      Dauer 20 min
      • Die Lehrkraft stellt kurz die zu bearbeitenden Quellen in den Materialien 7-9 vor.
      • Die S*S finden sich in Zweierteams zusam­men oder werden von der Lehrkraft in Teams eingeteilt und erhalten von der Lehrkraft eines der Arbeitsblätter (Material 7, 8 oder 9).
      • Die Paare bearbeiten die Aufgaben auf den Arbeitsblättern.
      • Jeweils ein Paar stellt die Ergebnisse zu den verschiedenen Quellen (den Brief von Berta und der Aussage von Sendel) vor, die anderen, die die gleiche Quelle hatten, ergänzen die Informationen.
      • Es folgte eine Diskussion und Verknüpfung der verschiedenen Perspektiven im Plenum.
    6. 10 . Zusammenfassung

      Dauer 5 min
      • Zusammenfassung der wichtigsten Er­kennt­nisse aus den Quellentexten im Klassenrahmen.
    7. 11 . Erwartungshorizont

      Dauer 0 min

      Material 6

      Mit Hilfe des Textes in Material 6 eine Zeitleiste entwickelt werden, die etwa folgende Abschnitte enthält:

      1911: Ryfka und Sendel Grynspan leben im zaristischen Russland

      1916: Tochter Berta wird geboren

      1919: Sohn Markus wird geboren

      1921: Sohn Herschel wird geboren

      1929: Infolge der Weltwirtschaftskrisemuss Sendel seine Schneiderei aufgeben.

      1935: Herschel muss die Volksschule in Hanover ohne Abschluss verlassen und geht nach Frankfurt am Main an eine Rabbinderschule. Er erlet die zuehmende Diskriminierung von Jüd*innen.

      1936: Herschel zieht zunächst zu Verwandten nach Brüssel, bevor er nach Paris zu seinem Onkel Abraham und seiner Tante Chawa weiterreist.

      1937: Herschels Wiedereinreisegenehmigung nach Deutschland läuft ab. Er kann nicht mehr zurück zu seiner Familie. Die französische Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt. Er lebt daraufhin illegal in Paris.

      1938: Im Frühjahr erlässt Polen das neue Staatsbürgerschaftsgesetz, wonach im Ausland lebende Pol*innen nach 5 Jahren ihre Staatsbürgerschaft verlieren. Am 27. Oktober beginnt in Deutschland die "Polenaktion", um jüdische Pol*innen aus Deutschland zu deportieren. Am 3. November erhält Herscheld einen Brief seiner Schwester und erfährt von der Deportation seiner Familie und der Situation an der Grenze. Am 6 November kauft sich Herschel eine Pistole mit der er am 7. November das Attentat auf den Botschafssekretärvom Rath verübt.

      Materialien 7, 8 und 9

      Unter welchen Umständen wurden Grynszpans wohin gebracht?

      Die Grynszpans wurden in der Nacht von der Schupo (kurz für Schutzpolizei) besucht und informiert, dass sie sich mit ihren Pässen zum Polizeirevier begeben sollten. Dort wurde ihnen mitgeteilt, dass sie Deutschland vor dem 29. verlassen sollten. Sie wurden in Polizeiautos und Gefängniswagen geladen und zum Bahnhof in Hannover transportiert. Von dort aus wurden sie mit der Eisenbahn nach Neu-Bentschen, nahe der polnischen Grenze, gebracht.

       

      Wie war die Situation an dem Ort, wo sie hingebracht wurden?

      Als sie in Neu-Bentschen ankamen, waren sie nicht die Einzigen. Züge aus verschiedenen Städten kamen ebenfalls an, was zu einer Gesamtzahl von etwa 12.000 Menschen führte. Dort wurden sie von SS-Leuten extrem brutal behandelt. Sie wurden mit Peitschen geschlagen, und man riss ihnen ihre Koffer weg. Sie erlebten die extreme Brutalität der Deutschen. Als sie die polnische Grenze erreichten, wussten die polnischen Behörden zunächst nicht Bescheid. Nachdem ihre Papiere überprüft wurden, wurden sie in ein Dorf gebracht, das ursprünglich nur 6.000 Einwohner hatte.

       

      Welche Ressourcen standen Grynszpans zur Verfügung?

      Basierend auf dem Brief von Berta konnte sie, nachdem sie um Erlaubnis gebeten hatte, zurück zu ihren Häusern gehen und einige notwendige Dinge packen. Allerdings hatten die Grynszpans, als sie angekommen waren, kein Geld („Wir haben keinen Pfenning.“). Es scheint so, dass sie keine persönlichen Besitztümer mehr hatten, als sie die Grenze erreicht hatten. Wahrscheinlich wurden ihre Koffer von den SS-Leuten weggenommen. In dem Dorf, in das sie gebracht wurden, gab es starke Regenfälle, und sie litten unter extremen Bedingungen, einschließlich mangelnder Nahrung.

       
  3. Stunde 3: Das Attentat

    1. Lernziele

      • Die S*S können das Attentat von Herschel Grynszpan zeitlich und thematisch einord­nen.
      • Sie verstehen die Motive, die hinter dem Attentat stecken, und Umstände, die Herschel dazu gebracht haben.
    2. Vorbereitung

      • Die Lehrkraft bereitet eine Zusammenfassung des Erlernten für die Einführung in die 3. Stunde vor. Ggf. bereitet sie die Projektion des Zeitstrahls aus der vergangenen Stunde vor.
      • Die Lehrkraft fertigt ausreichende Kopien von Material 10-14 an.
      • Flipchart, Tafel oder Smartboard stehen zur Verfügung.
    3. 12 . Einstieg

      Dauer 5 min
      • Die Lehrkraft fasst kurz zusammen, was die Lerngruppe in den letzten Unterrichts­stunden darüber gelernt hat, wer Herschel Grynszpan war und welche Ereignisse dem Attentat von 1938 vorangegangen sind.
      • Die Lehrkraft teilt den Sachtext (Materi­al 10) aus.
    4. 13 . Textarbeit

      Dauer 10 min
      • Die S*S lesen den Sachtext (Material 10) in Stillarbeit.
      • Im Anschluss stellt die Lehrkraft folgen­de Fragen, um im Unterrichts­gespräch sicherzustellen, dass alle S*S den In­halt des Textes erfasst haben:
        > Wann und warum hat Herschel Gryn­szpan Ernst vom Rath angegriffen?
        > Wie haben die Nationalsozialist*innen auf das Attentat reagiert und wie haben sie es politisch (propagandistisch) genutzt?
        > Welche Konsequenzen hatte Herschel Grynszpan nach dem Attentat zu tragen?
    5. 14 . Arbeitsphase

      Dauer 20 min
      • Die Klasse teilt sich in Kleingruppen (mit 3 oder 6 S*S pro Gruppe) ein. Jede Gruppe erhält jede der drei Quellen (Materialien 11-13) ein oder zweimal, sodass sich die S*S die Bearbeitung untereinander aufteilen können. Außerdem erhält jede*r Schüler*in ein Exemplar des Arbeitsblattes (Material 14).
      • Die S*S sehen sich zunächst die Quellen an und bearbeiten den ersten Teil des Arbeitsauftrags gemeinsam.
    6. 15 . Ergebnispräsentation

      Dauer 10 min
      • Die Gruppen präsentieren kurz ihre Ergebnisse und vergleichen sie im Klassenrahmen.
      • Die Lehrkraft weist die S*S darauf hin, dass sie alle Materialien aus dieser Stunde auch in der nächsten noch einmal benötigen.
    7. 16 . Erwartungshorizont

      Dauer 0 min

      Material 10

      Wann und warum hat Herschel Grynszpan Ernst vom Rath angegriffen?

      Herschel Grynszpan griff Ernst vom Rath am 7. November an. Eigenen Aussagen zufolge griff er ihn „aus Protest gegen die antijüdische Politik der Deutschen und aus Rache für das Schicksal seiner Familie“ an.

       

      Welche Konsequenzen hatte das Attentat für Herschel Grynszpan nach seiner Verhaftung?

      Nach seiner Verhaftung war Herschel Grynszpan in verschiedenen Gefängnissen inhaftiert. Zunächst war er in Fresnes, dann in Orléans, Bourges und schließlich in Toulouse. Das Vichy-Regime lieferte ihn an die Nationalsozia­list*innen aus. Er wurde ins Gefängnis Berlin-Moabit und dann ins Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht. Sei Leben wurde verschont, da die Nazis mit ihm einen großen Schauprozess vorführen wollten. Der Prozess fand jedoch nie statt, da Herschel behauptete, eine homosexuelle Beziehung zu Ernst vom Rath zu haben, was Goebbels zum Anlass nahm, den Prozess aus Furcht um das Ansehen des Reiches zu stoppen. Das Schicksal Grynszpans nach seiner Zeit in Sachsenhausen bleibt unklar, da seine Spur sich verliert.

       

      Material 11-13

      Was sagen die Quellen über Herschels Motive und Gedanken aus?

      M11: Herschel fühlte sich vom Leid seiner Eltern und von 12.000 anderen Juden betroffen und sah seine Tat als notwendig an, um zu protestieren und die Welt auf das Unrecht aufmerksam zu machen.

      M12: Herschel wurde durch eine Postkarte sowie durch Nachrichten über die Unterdrückung der Jüd*innen in Deutschland zum Handeln bewegt. Zeitungsberichte über das Leid der Jüd*innen in Deutschland erzürnten ihn. Die Neuigkeiten, die er über seine Familie erhalten hatte, bestärkten diese Gefühle und machten ihn auf ihre Gefahr aufmerksam. Sein Ziel war es, Aufmerksamkeit auf die Ungerech­tigkeiten zu lenken, nicht unbedingt jemanden zu töten. Er betont, dass er aus Liebe zu seinem Vater und seinem Volk handelte und bedauert, jemanden verletzt zu haben. Seine Tat war ein Mittel, seinen Willen auszudrücken.

      M12: Hier wiederholt Herschel seine tiefen Gefühle des Schmerzes und der Sorge um seine Familie und andere Jüd*innen. Er betont, dass sein Handeln kein Akt der Rache war, sondern aus Liebe und Protest heraus erfolgte. Er drückt auch sein Bedauern aus, dass jemand gestorben ist.

       

      Wie kann man die Quellen im Kontext des Sachtextes (M10) interpretieren?

      M11: Die Postkarte zeigt Herschels tiefe Emotionalität und seine Dringlichkeit, gegen die Verfolgung der Jüd*innen zu protestieren.

      M12: Die Vernehmungsprotokolle geben Einblicke in seine unmittelbaren Gedanken und Gefühle nach der Tat. Sie zeigen, dass er von verschiedenen Quellen beeinflusst wurde (Post­karte, Nachrichten) und dass er sich durch seine Tat für die Rechte und das Wohl der Jüd*innen einsetzen wollte. Obwohl er nicht vorhatte, jemanden zu töten, war er bereit, drastische Maßnahmen zu ergreifen, um die Aufmerksamkeit der Welt auf die Ungerechtig­keiten zu lenken.

      M13: Dieser Brief bestärkt die Aussagen aus den vorherigen Quellen. Herschel handelte aus tiefem Mitgefühl und Empathie für seine Familie und andere Jüd*innen. Es war ihm wichtig, seine Handlungen im Kontext des Leids und der Ungerechtigkeit zu setzen, die den Jüd*innen zugefügt wurde, und nicht als einen rein persönlichen Racheakt.

  4. Stunde 4: Kann ein Attentat ein individueller Akt des Protests sein?

    1. Lernziele

      • Die S*S können verschiedene Quellen interpretieren, um eine eigene Meinung über Gryn­szpans Handeln zu bilden und zu begründen.
      • Sie reflektieren die Handlungsmöglichkeiten von Einzelpersonen in Diktaturen.
      • Die S*S können den Zusammenhang des Attentats mit der Reaktion der Nationalsozialisten erkennen.
    2. Vorbereitung

      • Die Lehrkraft hält einige Kopien von Material 10 und 14 für die S*S bereit, die ihre Unterlagen vergessen haben.
      • Die Lehrkraft bereitet sich auf die Diskussion, ob das Attentat eine legitime Form des Widerstands war vor, indem sie Beispielsweise das durch die Bundeszentrale für politische Bildung herausgegebene Themenblatt 37 zum Attentat auf Hitler ansieht, vor allem das Lehrerblatt 04 (auf der sechsten Seite des PDF-Dokuments): https://www.bpb.de/system/files/pdf/1HJY2T.pdf.
      • Bei Material 15 handelt es sich um ein Propaganda-Plakat. Dieses reproduziert rassistische, antisemitische Aussagen. Die Lehrkraft führt sich die Lerngruppte vor Auge und entscheidet, ob sie dieses mit den S*S behandeln möchte und wie sie sie am besten für die menschenverachtende Sprache sensibilisieren möchte. Wenn das Plakat verwendet werden soll, fertigt die Lehrkraft ausreichende Kopien von Material 15 an. Sofern sie davon ausgeht, dass die Klasse die altdeutsche Schrift in dem Material gut lesen kann, fertigt sie nur wenige Kopien des transkribierten Textes (Material 16) an, ggf. kann sie aber auch einen ganzen Klassensatz zur Verfügung stellen.
    3. 17 . Einführung

      Dauer 5 min
      • Die Lehrkraft bittet eine*n freiwillige*n Schüler*in, die Ergebnisse von der Grup­penarbeit in der letzten Stunde zusammen­zufassen. Andere können ergänzen.
      • Die Lehrkraft kündigt an, dass es nun um die Frage gehen wird, ob Herschel Gryn­szpans Attentat eine legitime Form des Widerstands war.
    4. 18 . Arbeitsphase

      Dauer 10 min
      • Die Lehrkraft bittet die S*S, sich wieder in den Kleingruppen der letzten Stunde zu­sam­menzufinden und sich nun auf den zweiten Teil des Arbeitsauftrags in Material 14 zu konzentrieren.
      • Die Gruppen bearbeiten den Auftrag für die Arbeitsphase II.
    5. 19 . Ergebnispräsentation und Diskussion

      Dauer 10 min
      • Die Gruppen stellen ihre Ergebnisse vor und diskutieren sie im Klassenrahmen.
      • Erwartungshorizont:
        Die Beurteilung des Attentats als Wider­stands­form ergibt voraussichtlich kein einheitliches Ergebnis, da selbst das gescheiterte Attentat auf Hitler im Nach­hinein kontrovers diskutiert wird.
        Folgende Aspekte können in die Diskus­sion mit eingebracht werden, sofern die S*S sie nicht von sich aus ansprechen:
        1. Zeitliche Dimension – die Beurteilung des Attentats erfolgt aus heutiger Sicht. Gerade Taten, die in Unrechtsregimen verübt werden, können aus heutiger Sicht als legitim eingeschätzt werden, während sie damals verurteilt wurden.
        2. Es gibt immer mehrere Perspektiven, aus damaliger Sicht und aus heutiger.
        3. Der Begriff „Tyrannenmord“ wird unter anderem in Bezug auf das Hitlerattentat verwendet. Während dieser im Mittelalter noch als legitim angesehen wurde, verän­der­te sich die Sicht darauf mit der Zeit. Im Fall von Ernst vom Rath, der ja eher als kleineres Rädchen in einem grö­ße­ren System anzusehen ist, spricht wenig dafür, ihn zu verwenden.
        4. Aktuelle Rechtsprechung und das ethi­sche und rechtsstaatliche Verständnis von Demokratien des 21. Jahrhunderts spre­chen sich gegen Mord aus. Die Grund­lagen dafür wurden allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg festgelegt.
        5. Der Begriff „Selbstjustiz“ kann ebenfalls in die Diskussion mit eingebracht werden.
    6. 20 . Vertiefung

      Dauer 15 min
      • Die Lehrkraft fragt die S*S, ob sie sich erin­nern, wie die Nationalsozialist*innen auf das Attentat reagierten.
      • Sofern die Lehrkraft sich für die Verwen­dung des Propaganda-Plakats entschieden hat, bittet sie ggf. eine*n Schüler*in den fünf­ten Absatz des Sachtextes in Material 10 noch einmal vorzulesen. Im Anschluss finden sich die S*S wieder in Gruppen zu­sam­men. Die Lehrkraft teilt das Arbeitsblatt (Material 15) und ggf. das Transkript dazu (Material16) aus.
      • Wenn sich die Lehrkraft gegen die Verwen­dung des Propagandaplakats (Material 15) entschieden hat bittet sie die S*S, sich noch einmal den Sachtext in Material 10 anzusehen und nach Hinweisen auf Reak­tionen der Nationalsozialist*innen durchzu­gehen. Auf der Grundlage dieser Inforatio­nen und dem, was die S*S aus dem Ge­schichts­unterricht über den Natio­nal­sozialismus wissen, arbeiten sie die Folgen des Attentats heraus und überle­gen, wie die Nationalsozialist*innen in ihrer Propa­ganda genutzt haben könnten.
    7. 21 . Ergebnispräsentation

      Dauer 5 min
      • Die Lehrkraft bittet einzelne S*S, die wich­tigs­ten Ergebnisse der Gruppenarbeit zu nennen und die anderen S*S haben die Mög­lichkeit, zu ergänzen oder zu korrigie­ren.
    8. 22 . Erwartungshorizont

      Dauer 0 min

      Material 10 (Ergänzung)

      Wie reagierten die Nationalsozialist*innen auf den Angriff und wie instrumentalisierten sie den Vorfall?

      Die Nationalsozialist*innen nutzten den Vorfall politisch aus. Alle Zeitungen wurden gezwungen, auf der Titelseite über das Geschehen zu berichten. Hitler beförderte vom Rath, während dieser bereits im Koma lag. Die Nationalsozialist*innen nutzten diesen Vorfall als Vorwand für Pogrome und Rache des deutschen Volkes an den Jüd*innen.

       

      Diskussionen

      Frage, ob es sich um Widerstand handelt:

      1. Ja, es war Widerstand: Herschel handelte aus Protest gegen die Nazis und um auf die Misshandlung der Juden aufmerksam zu machen.
      2. Nein, es war kein Widerstand: Sein Akt war eine individuelle Reaktion, nicht ein organisierter Widerstand, und lieferte den Nazis einen Vorwand für weitere Verfolgungen.
      3. Individueller Widerstand: Grynszpans Handlung war ein persönlicher Widerstandsakt gegen die Nazi-Verfolgung.
      4. Es ist kompliziert: Obwohl Herschels Absichten möglicherweise Widerstand waren, hatten seine Handlungen negative Folgen für die Jüd*innen.
      5. Tragischer Widerstand: Herschels Aktion war ein verzweifelter Widerstand, der tragische Konsequenzen hatte.

       

      Instrumentalisierung durch die Nationalsozialist*innen:

      Die Nationalsozialist*innen nutzten die Tat als Vorwand für die Verschärfung anti­semitischer Maßnahmen. Sie nahmen die Tat zum Anlass für die Reichspogromnacht (Kristallnacht). Sie stellten die Tat als „Beweis“ für eine „jüdische Verschwörung“ dar.

  5. Stunde 5: Erster Exkurs: Anna Heilman

    1. Lernziele

      • Die S*S verstehen die Rolle von Anna Heilman während des Aufstands im Sonder­kommando von Auschwitz am 7. Oktober 1944 im Kontext des Holocausts.
      • Die S*S analysieren und reflektieren die Entscheidungen und Handlungen von Anna Heilman und ihrer Mitstreiter*innen.
      • Die S*S erkennen die Bedeutung von individuellem und kollektivem Widerstand gegen die Unterdrückung und das Unrecht und können diese mit anderen widerstän­dischen Formen in Bezug bzw. in Vergleich setzen.
    2. Vorbereitung

      • Die Lehrkraft fertigt ausreichende Kopien von Material 17, 18 und 20 an.
      • Die Möglichkeit zur Projektion eines Videos (Material 19) ist sichergestellt.
      • Die Lehrkraft bereitet die Einführung in die Stunde vor, z.B. indem sie ein paar wichtige Infos und Fotos von Auschwitz für eine Präsentation vor der Klasse bereit hält. Außerdem stellt sie Eckdaten zum Aufstand von Treblinka am 2. August 1943 und dem Aufstand von Sobibór am 14. Oktober 1943 vor (wenn die Lehrkraft vertiefende Informationen über den aktiven jüdischen Widerstand vermitteln möchte, kann sie zusätzlich Eckdaten zu weiteren Aufständen und Widerstandsaktionen vorbereiten, beispielsweise zum Widerstand im Ghetto Częstochowa am 25. Juni 1943 und Będzin-Sosnowiec am 1. August 1943 sowie über den Aufstand im Ghetto Białystok am16. August 1943. Die Lehrkraft kann dabei auch auf die Untergrundtätigkeiten der Gruppe Oneg Schabbat im Warschauer Ghetto eingehen und entsprechende Informationen dazu für den Einstieg vorbereiten).
    3. 23 . Einstieg

      Dauer 5 min
      • Die Lehrkraft führt kurz in das Thema Holocaust und Konzentrationslager ein, indem sie u.a. Bilder von Auschwitz zeigt und den S*S ein paar Informationen bereitstellt oder diese abfragt.
      • Die Lehrkraft fragt die S*S, ob sie schon einmal von Widerstandshandlungen in Konzentrationslagern gehört haben und nennt die Aufstände von Treblinka und Sobibór als Beispiele (die Lehrkraft vermitteln nach eigenem Ermessen auch Informationen über weitere Akte des aktiven jüdischen Widerstands).
      • Die Lehrkraft teilt die Klasse in Gruppen ein und verteilt Material 17.
    4. 24 . Arbeitsphase I

      Dauer 10 min
      • Die S*S lesen den Sachtext und diskutie­ren in der Gruppe, was sie über den Auf­stand im Krematorium in Auschwitz erfah­ren haben.
    5. 25 . Arbeitsphase II

      Dauer 10 min
      • Die Gruppen erhalten die Biografie von Anna Heilman (Material 18). Sie interpretie­ren Anna Heilmans Rolle im Widerstand auf der Grundlage der Quelle und der zu­vor erhaltenen Informationen.
    6. 26 . Diskussion

      Dauer 5 min
      • Die Lehrkraft leitet eine Diskussion ein, um den Aufstand des Sonderkommandos so­wie die Rolle von Anna Heilman im Wider­stand zusammenzufassen und zu erörtern.
    7. 27 . Vertiefung

      Dauer 10 min
      • Die S*S sehen das Video mit dem Inter­view mit Anna Heilman. Es ist auf Englisch, daher verteilt die Lehrkraft je nach Sprach­fähig­keiten der S*S die deutsche Überset­zung des Transkripts vorher oder im An­schluss.
      • Die Lehrkraft stellt sicher, dass die S*S verstehen, wie der Aufstand im Kremato­rium geplant und durchgeführt wurde.
    8. 28 . Reflexion und Diskussion

      Dauer 5 min
      • Die S*S reflektieren kurz, was sie über den Widerstand im Konzentrationslager gelernt haben und welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Attentat von Herschel Grynszpan und der Widerstands­arbeit von Anna Heilman bestehen.
    9. 29 . Erwartungshorizont

      Dauer 0 min

      Material 17

      Der Aufstand fand am 7. Oktober 1944 vor dem Krematorium III im Vernichtungslager Auschwitz statt. Mehrere Dutzend Häftlinge griffen SS-Offiziere mit Waffen und Steinen an, während andere versuchten, die Krematoriumsgebäude mit selbstgebauten Granaten in Brand zu setzen. Schwer bewaffnete SS-Einheiten schlugen den Aufstand nieder und 451 Häftlinge wurden sofort hingerichtet. Der Aufstand symbolisierte einen Rest von Menschenwürde in einer unmenschlichen Umgebung, obwohl er wahrscheinlich keine Menschenleben retten konnte.

       

      Material 18

      Anna Heilmans Rolle und ihr Verhalten während des Holocausts

      Die S*S können auf verschiedene Aspekte ihres Lebens und ihrer Handlungen eingehen. Sie können beispielsweise darauf hinweisen, wie sie sich gegen die Unterdrückung und Verfol­gung der Nazis zur Wehr setzte, wie sie sich am Warschauer Ghetto-Aufstand beteiligte und wie sie im Sonderkommando in Auschwitz-Birkenau agierte.

       

      Mögliche Motive und Motivationen von Anna, um bei diesem Aufstand mitzuwirken

      Überlebensmotivation: Anna und ihre Schwester Ester hatten bereits die Grausamkeiten des Holocaust erlebt, darunter die Ermordung ihrer Eltern im Vernichtungs- und Konzentrations­lager Majdanek. Ihr Wille zu überleben und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft könnten sie motiviert haben, sich am Aufstand zu beteiligen.

      Widerstand gegen die Nazis: Die Tatsache, dass Anna bereits im Warschauer Ghetto aktiv Plakate für den Widerstand aufgeklebt hatte, zeigt ihr Engagement gegen die Unterdrückung durch die Nazis. Dieser Widerstandswille könnte sie dazu motiviert haben, auch im Lager Widerstand zu leisten.

      Solidarität und Freundschaft: Die enge Verbindung zwischen Anna und ihrer Schwester Ester sowie die Freundschaft zu Marta Bindiger zeigt, dass sie eine starke emotionale Bindung zueinander hatten. Ester bat Marta, sich um Anna zu kümmern, was auf ein tiefes Vertrauen und eine starke Solidarität hinweist. Dies könnte eine Motivation für Anna gewesen sein, sich am Aufstand zu beteiligen, um die gemeinsame Sache ihrer Freundinnen und Schwester zu unterstützen.

      Verzweiflung und Zorn: Angesichts der unmenschlichen Bedingungen und der Brutalität, die sie im Lager erlebten, könnten Gefühle der Verzweiflung und des Zorns Anna und andere Insassen dazu motiviert haben, gegen ihre Unterdrücker aufzubegehren.

      Glaube an Veränderung: Anna und Ester könnten gehofft haben, dass ihr Widerstand dazu beitragen würde, die Grausamkeiten des Lagers zu beenden oder zumindest die Nazis zu schwächen. Der Glaube an eine mögliche Veränderung könnte eine weitere Motivation für ihre Teilnahme am Aufstand gewesen sein.

       

      Material 19

      Die Rolle von Anna Heilman im Zusammenhang mit dem Aufstand im Krematorium von Auschwitz im Oktober 1944

      Bei der Analyse sollte auf Annas Aktivitäten im Zusammenhang mit Schießpulver und Handgranatenherstellung geachtet werden. Hier geht es vor allem darum, auf Details aufmerksam zu werden. Die S*S können untersuchen, wie Anna Heilman diese Materialien beschaffte und weitergab, insbesondere an Roza Robota und die Sonderkommandos.

      Annas Rolle bei dieser Aktion

      In Bezug auf Annas Rolle bei dieser Aktion sollte herausgearbeitet werden, wie ihre Aktivitäten den Verlauf des Aufstands beeinflusst haben und welche Konsequenzen dies für sie und die anderen Beteiligten hatte.

       

      Abschlussdiskussion

      Vergleich des Widerstands von Herschel Grynszpan und Anna Heilman

      Hintergrund und Motivation: Herschel Grynszpans Attentat war eine direkte und individuelle Antwort auf die Verfolgung der Jüd*innen durch die Nazis, insbesondere ausgelöst durch die Deportation seiner Familie und tausender anderer polnisch-jüdischer Bürger während der sogenannten „Polenaktion“ im Jahr 1938. Die Verzweiflung und Wut über die Situation der Jüd*innen führten zu seiner radikalen Aktion. Anna Heilmans Beteiligung am Widerstand war Teil eines kollektiven Aufstands, der sich über die Zeit entwickelte, insbesondere im Konzen­trationslager Auschwitz, wo sie inhaftiert war. Ihre Motivation war auch durch das tägliche Leiden und die Ungerechtigkeiten motiviert, die sie und andere Häftlinge erdulden mussten.

      Art des Widerstands: Herschel Grynszpans Aktion war ein einzelner, direkter Gewaltakt – er schoss auf einen deutschen Diplomaten, was tragischerweise zu einem der Vorwände für die Novemberpogrome wurde, einer massiven, koordinierten Angriffswelle gegen Jüd*innen im Deutschen Reich. Anna Heilman war Teil des organisierten Widerstands innerhalb der Lager. Ihre Handlungen umfassten die heimliche Weitergabe von Informationen und die Beteiligung an der Vorbereitung des Aufstands von Auschwitz, bei dem auch ein Krematorium gesprengt wurde.

      Auswirkungen: Herschel Grynszpans Attentat hatte weitreichende Konsequenzen und wurde von den Nationalsozialisten als Vorwand für verschärfte Repressionen gegen Jüd*innen benutzt. Leider führte sein Akt der Verzweiflung zu noch mehr Leid. Anna Heilmans Fall hatte nicht so weitreichende Folgen. Obwohl der Aufstand von Auschwitz teilweise erfolgreich war und Aufmerksamkeit auf die Gräuel der Lager lenkte, wurden die meisten Beteiligten, einschließlich Heilmans Schwester, gefangen genommen und hingerichtet. Die Aktion war jedoch ein symbolträchtiges Zeichen des Widerstands und der menschlichen Würde unter unsäglichen Bedingungen.

      Historischer Kontext: Herschel Grynszpans Attentat erfolgte vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und der Einrichtung der systematischen Vernichtungslager. Zu diesem Zeitpunkt war das volle Ausmaß des Holocaust noch nicht realisiert. Anna Heilmans Widerstandsarbeit geschah mitten im Holocaust während des Zweiten Weltkriegs, als die Vernichtung der Juden durch das NS-Regime bereits im Gange war.

  6. Stunde 6: 2. Exkurs, Żegota – Widerstand anderer Akteur*innen gegen die Vernichtung von Jüd*innen

    1. Lernziele

      • Die S*S lernen nicht-jüdische Formen des Widerstands gegen die Verfolgung von Jüd*in­nen in Polen während der Besatzung durch Nazi-Deutschland kennen und verstehen die Organisation Żegota und ihre Aktivitäten im Kontext des Holocausts.
      • Die S*S lernen die persönlichen Geschichten von Menschen kennen, die sich im Widerstand engagierten, wie Władysława Choms und Irena Sendler.
    2. Vorbereitung

      • Die Lehrkraft fertigt ausreichende Kopien von Material 21-23 an.
      • Flipchart, Tafel oder Smartboard stehen zur Verfügung.
    3. 30 . Einstieg

      Dauer 5 min
      • Die Lehrkraft eröffnet die Stunde, indem sie die S*S dazu anregt darüber nachzu­denken, was Widerstand vor dem Hinter­grund dessen, was die S*S bisher gelernt haben, bedeutet und wie er während des Holocausts noch ausgesehen haben könnte.
    4. 31 . Erarbeitung

      Dauer 15 min
      • Die Lehrkraft präsentiert den Haupttext über die Organisation Żegota (Material 21) und teilt ihn aus.
      • Die Lehrkraft erklärt die Hintergründe und Ziele der Organisation.
      • Die S*S lesen den Haupttext gemeinsam im Unterricht und markieren wichtige Infor­mationen und Begriffe.
    5. 32 . Arbeitsphase

      Dauer 10 min
      • Die S*S werden in Arbeitspaare aufgeteilt. Jedes Paar erhält je eine Ausgabe der beiden Biografien (Material 22 und 23).
      • Die Paare teilen die Biografien unter sich auf, notieren die wichtigs­ten Informationen über das Leben und die Aktivitäten der Person im Widerstand und stellen sich die Ergebnisse gegenseitig vor.
    6. 33 . Ergebnispräsentation

      Dauer 5 min
      • Die Ergebnisse der Partner*innenarbeit werden im Klassenrahmen besprochen.
    7. 34 . Vertiefung

      Dauer 5 min
      • Die Lehrkraft leitet eine kurze Diskussion darüber, wie die Aktivitäten von Żegota und Einzelpersonen wie Choms und Sendler dazu beitrugen, das Leben von Jüd*innen während des Holocausts zu retten.
      • Hinweis:
        Die Lehrkraft kann in der Diskussion beto­nen, dass sowohl Żegota als auch Władys­ła­wa Choms und Irena Sendler nur deswe­gen Jüd*innen helfen oder sie retten konn­ten, weil sich die Protagonist*innen als Nicht-Jüd*innen vergleichsweise frei im öffentlichen Raum bewegen konnten.
        Neben der mutigen Hilfe und Unterstützung für verfolgte Jüd*innen im Zweiten Welt­krieg gab es auch Beispiele für gegen­tei­lige Haltungen in der Bevölkerung, etwa Gleichgültigkeit, Kooperation mit den Natio­nalsozialist*innen oder sogar aktive Gewalt gegen Jüd*innen.
    8. 35 . Zusammenfassung und Reflexion

      Dauer 5 min
      • Die S*S reflektieren abschließend kurz über das Gelernte und teilen ihre Gedan­ken über den jüdischen Widerstand und den Mut dieser Menschen im Kontext des Holocausts.
    9. 36 . Erwartungshorizont

      Dauer 0 min

      Material 21

      Gründung von Żegota

      Żegota wurde am 4. Dezember 1942 gegründet.

      Hauptaktivitäten von Żegota während des Holocausts

      Żegota führte hauptsächlich Aktivitäten wie das Finden von Verstecken, das Ausstellen falscher Dokumente, die Bereitstellung von Medikamenten und finanzielle Unterstützung für untergetauchte Jüd*innen durch.

      Motivation zur Gründung von Żegota

      Die Gründung von Żegota erfolgte als Reaktion auf die „Große Aktion“ im Warschauer Ghetto und das Massensterben von Jüd*innen. Die Untergrundorganisation „Front Odrodzenia Polski“ (Front für die Wiedergeburt Polens) rief zur Hilfe für die Jüd*innen auf.

      Aufgaben von Żegota (gemäß des Schreibens an die polnische Regierung

      Żegota hatte die Aufgabe, Jüd*innen vor dem Tod zu bewahren, sie zu legalisieren, Unter­künfte zu verschaffen, materielle Leistungen zu gewähren, Erwerbstätigkeiten zu vermitteln sowie Mittel zu verwalten und zu verteilen.

      Unterstützung von Żegota durch anderen Organisationen

      Żegota erhielt Unterstützung von der polnischen Exilregierung und weltweiten jüdischen Organisationen.

      Bedeutung von Żegota für die Rettung von Jüd*innen während des Holocausts

      Die Bedeutung von Żegota für die Rettung von Jüd*innen während des Holocausts besteht darin, dass sie die einzige staatliche Organisation im besetzten Europa war, die gezielt zur Unterstützung von Jüd*innen gegründet wurde. Żegota half, Leben zu retten, indem sie Verstecke fand, falsche Dokumente ausstellte und finanzielle Unterstützung bot. Die Moti­vation zur Gründung kam als Reaktion auf die schrecklichen Ereignisse im Warschauer Ghetto. Die Organisation hatte eine wichtige Rolle bei der Rettung von Jüd*innen gespielt, obwohl es schwer ist, den genauen Umfang ihrer Rettungsaktionen zu bestimmen. Trotzdem zeigt dies den Mut und die Entschlossenheit der Menschen, die sich im Holocaust für die Rettung von Jüd*innen einsetzten.

       

      Material 22

      Leben von Władysława Choms und ihre Aktivitäten im Widerstand

      Władysława Choms war eine Polin, die während des Holocausts Jüd*innen rettete. Sie grün­dete 1941 einen Wohltätigkeitsfonds für bedürftige Jüd*innen in Lemberg. Choms sammelte eine Gruppe von Helfer*innen um sich, um Nahrung, Geld und medizinische Versor­gung für Jüd*innen im Ghetto und außerhalb bereitzustellen. Sie half bei der Herstellung gefälschter Ausweispapiere für Jüd*innen, die illegal außerhalb des Ghettos lebten. Choms versteckte sowohl Kinder als auch Erwachsene in Klöstern und Familien außerhalb des Ghettos. Sie persönlich kümmerte sich um etwa 60 jüdische Kinder. Sie setzte ihre Rettungsaktionen fort, bis Ende 1943, als sie aus Sicherheitsgründen von ihren Untergrundkommandanten nach Warschau geschickt wurde.

       

      Material 23

      Leben von Irena Sendler und ihre Aktivitäten im Widerstand

      Irena Sendler Sozialarbeiterin in Warschau, die im Alter von 29 Jahren während des Zweiten Weltkriegs aktiv wurde. Sie nutzte ihre berufliche Position, um den Jüd*innen zu helfen, besonders nach der Abriegelung des Ghettos im November 1940. Sendler setzte sich für die Verbesserung der hygienischen Verhältnisse im Ghetto ein und half den sterbenden Jüd*innen unter großen persönlichen Risiken. Sie knüpfte Kontakte zu jüdi­schen Wohlfahrtsorganisa­tionen und unterstützte diese bei der Rettung von Jüd*innen aus dem Ghetto und bei der Einrichtung von Verstecken. Irena Sendler wurde eine Hauptaktivistin im „Hilfsrat für Juden“ (Żegota), der im Herbst 1942 gegründet wurde, um Jüd*innen zu retten. Der Żegota-Rat spielte eine entscheidende Rolle bei der Rettung von Jüd*innen vor den Massendeportationen. Sendler wurde Leiterin des Kinderreferats von Żegota und schickte viele gerettete jüdische Kinder in Waisenhäuser und religiöse Institutionen, um ihr Leben zu schützen. Im Oktober 1943 wurde sie festgenommen, zum Tode verurteilt und ins Pawiak-Gefängnis gebracht. Dank anderer Untergrundaktivist*innen wurde sie freigekauft und setzte ihre Aktivitäten im Untergrund fort, obwohl sie wusste, dass die Behörden sie beobach­teten.

  7. Stunde 7: Was ist (jüdischer) Widerstand – eine Zusammenfassung

    1. Lernziele

      • Die S*S verstehen die Konzepte des Widerstands im Zweiten Weltkrieg, insbesondere den Unterschied zwischen dem Widerstand in verschiedenen Ländern und den besonderen Herausforderungen, mit denen Jüd*innen konfrontiert waren.
      • Sie lernen die Motive des jüdischen Widerstands und die Aktivitäten der ŻOB (poln. „Żydowska Organizacja Bojowa“, Jüdische Kampforganisation) als ein weiteres Beispiel für jüdischen Widerstand kennen.
    2. Vorbereitung

      • Die Lehrkraft fertigt ausreichende Kopien von Material M24-25 an.
      • Flipchart, Tafel oder Smartboard stehen zur Verfügung.
    3. 37 . Einstieg

      Dauer 5 min
      • Die Lehrkraft eröffnet die Stunde und ruft bei den S*S kurz die vorange­gangenen Einheiten zum Thema Wider­stand, insbesondere jüdischer Widerstand in Erinnerung und leitet zur letzten Stunde über.
    4. 38 . Arbeitsphase

      Dauer 10 min
      • Die S*S werden in Arbeitspaare aufgeteilt und erhalten jeweils ein Exemplar von Ma­te­rial 24 und eines von Material 25, das sich die Paare zur Bearbeitung unterein­ander aufteilen. Die Arbeitsaufträge sind in den Materialien enthalten.
      • Im Anschluss stellen sie sich gegenseitig die Texte und ihre Erkenntnisse vor.
    5. 39 . Präsentation

      Dauer 10 min
      • Jeweils ein S*S präsentiert kurz die Ergebnisse und Erkenntnisse aus den Texten. Die Lehrkraft kann die Präsen­tationen leiten und ergänzende Informa­tionen bereitstellen.
    6. 40 . Klassendiskussion

      Dauer 10 min
      • Nach den Präsentationen erfolgt eine kurze Klassendiskussion, in der die S*S Gemein­sam­keiten und Unterschiede zwischen den verschiedenen Formen des Widerstands und den Motiven der Widerstandskämp­fer*in­nen diskutieren können.
      • Hinweis:
        Die Lehrkraft ergänzt bei Bedarf und nennt weitere aktive und passive Formen des Wider­stands, die in verschiedenen Ländern während des Zweiten Weltkriegs auftraten. Zu den aktiven Formen gehören etwa die Beschaffung von Waffen und anderen Kampf­mitteln, der Partisanenkampf, die Bildung von Untergrundarmeen, Sabotage­aktionen, Ablenkungsmanöver (wie die Zer­störung von Industrie- und militärischen Anlagen oder Angriffe auf Kommunika­tions­wege wie Eisenbahnlinien, um den Feind zu desorganisieren), Aufklärung und nachrichtendienstliche Tätigkeiten sowie Spionageabwehr wie auch Attentate und Aufstände. Zu den passiven Widerstands-formen zählen beispielsweise der zivile Ungehorsam, die illegale Veröffentlichung und Verbreitung von Zeitschriften und Flug­blättern, die Hilfe und das Verstecken von Verfolgten, geheime Unterrichtsangebote, die Ausstellung und Weitergabe gefälsch­ter Dokumente an von Repressionen be­droh­te Personen sowie die Unterstützung von Kriegsgefangenen, etwa durch die Organisation von Fluchtmöglichkeiten aus Lagern usw. Auch das Sammeln von Doku­menten, Berichten und Zeugenaussagen – wie es die Gruppe Oneg Schabbat um den polnisch-jüdischen Historiker Emanuel Ringelblum im Warschauer Ghetto tat – kann als eine Form des Widerstands angesehen werden.
    7. 41 . Abschließende Reflexion

      Dauer 5 min
      • Die Lehrkraft fragt die Klasse nach anfäng­lichen Erwartungen und neuen Erkenntnis­sen aus der Themensequenz. Was war neu? Was hat verwundert? Was war be­kannt? Die Ergebnisse werden mit den Antworten aus der ersten Stunde vergli­chen.
    8. 42 . Erwartungshorizont

      Dauer 0 min

      Material 24

      Widerstand und Widerstandsformen

      Widerstand konnte im Zweiten Weltkrieg verschiedene For­men annehmen, wie Spionage, Sabotage, Partisanengruppen und den Erhalt von Sprache und Kultur. Sie sollten in der Lage sein, Beispiele für diese Formen des Wider­stands zu geben.

      Bedeutung des Widerstands für Menschen in Deutschland und anderen Ländern

      Die Bedeutung des Widerstands in den von Deutschen und ihren Verbündeten besetzten Ländern bestand darin, die Souveränität wiederzu­erlangen. Widerstand im Deutschen Reich schloss auch den Kampf gegen die NS-Ideologie und die Hoffnung auf eine neue soziale und staatliche Ordnung nach dem Krieg ein.

      Strafen für Akte des Widerstands in unterschiedlichen Ländern

      Widerstand wurde mit harten Strafen geahndet, darunter die Todesstrafe und Haft in Konzentrationslagern. Die Strafen fielen in verschiedenen Ländern unterschiedlich hart aus und waren von der Kooperation der jeweiligen Regierungen mit den deutschen Besatzern abhängig.

       

      Material 25

      Motive des jüdischen Widerstands und der Widerstandsakte anderer Menschen

      Motive des jüdischen Widerstands waren u.a. die Suche nach Überleben und Schutz von Frauen und Kindern. Der jüdische Widerstand und der Widerstand anderer Gruppen unterschied sich, da viele andere Menschen sich erst durch eigenes Handeln in Gefahr brachten, während Jüd*innen einfach nur weil sie Jüd*innen waren in Lebensgefahr schwebten.

      „ŻOB“ und ihre Aktivitäten

      Die Abkürzung „ŻOB“ bedeutet (Żydowska Organizacja Bojowa - Jüdische Kampforganisation). Die bekannteste und wohl auch weitreichendste Aktivität der ŻOB war der Aufstand im Warschauer Ghetto.

    9. 43 . Zusammenfassung

      Dauer 5 min
      • Die Lehrkraft fasst die wichtigsten Punkte der Diskussion zusammen und betont die Bedeutung des Widerstands während des Zweiten Weltkriegs, sowohl im allgemeinen Kontext als auch im Kontext des jüdischen Widerstands. Sie nennt aber auch Konse­quen­zen und Risiken, die die Widerstän­digen eingingen. Für die Ermordung von Reinhard Heydrich wurden beispielweise die Dörfer Ležáky und Lidice dem Erdbo­den gleichgemacht und ihre Bewohner*in­nen erschossen oder ins Konzentrations­lager gebracht.

Sie können auch die gesamte Materialsammlung zusammen mit dem kompletten Text dieser Unterrichtseinheit herunterladen.